Aichholzer N., Friedhuber, J.(2003) - Ludwig Boltzmann Institut für ...
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sie Wien bevölkern, jedenfalls soweit die Mädchen es überblicken können, haben bei allen<br />
Unterschieden etwas gemeinsam, und das ist, dass sie mit den Sprecherinnen nichts zu tun<br />
haben wollen oder können. Die "Anabolika-Fritzis" deshalb nicht, weil sie mit sich selbst und<br />
ihren Hanteln beschäftigt sind, die "Schamis" und die "Weicheier" nicht, weil sie sich nicht<br />
getrauen oder das Zeug dazu nicht haben, und die "Transen", weil sie an Frauen generell<br />
nicht interessiert sind. Das Sehnen gilt also einem „stolzen, edlen und mutigen“ Mann und<br />
die Enttäuschung der Tatsache, dass sie keinen haben und auch ihre Aussichten <strong>für</strong> die<br />
Zukunft diesbezüglich als eher schlecht bewerten. Man darf das sicher nicht zu einfach<br />
interpretieren: es geht nicht simpel um Sex, sondern darum, von einem Mann mit sehr<br />
traditionellen, idealisierten Eigenschaften gesehen, anerkannt und als attraktiv befunden<br />
worden zu sein.<br />
Das entspricht durchaus einem klassischen weiblichen Rollenklischee, das die Identität einer<br />
Frau von der Anerkennung durch einen Mann abhängig macht. Eine moderne oder eigentlich<br />
postmoderne, vom Feminismus angetriebene Sichtweise würde dem widersprechen und<br />
darauf hinweisen, dass frau ebenso gut eine unabhängige, autonome Persönlichkeit<br />
entwickeln kann und soll wie ein Mann. Dieser Gegensatz – den wir hier nicht weiter<br />
diskutieren können – wird überaus deutlich sichtbar in der Gegenüberstellung von<br />
Elbenmann und Computer. Während der eine <strong>für</strong> das klassisch-romantische Motiv steht,<br />
verkörpert der Computer die neue Zeit.<br />
Gerade der Computer kann als das perfekte Instrument zur Herstellung und zugleich<br />
Versinnbildlichung der Autonomie des spätmodernen Individuums angesehen werden, indem<br />
er Kommunikation ohne menschlichen Partner ermöglicht, indem er durch den Graben<br />
zwischen realer und virtueller Welt die denkbar größte Distanz zwischen mögliche<br />
Partner/innen legt, indem man und frau mit ihm auch ganz allein am Arbeitsplatz arbeiten<br />
können und indem er damit die tendenzielle Herauslösung aus sozialen Verbänden und<br />
Organisationen erlaubt, ohne deren Benefits zu verlieren. So wie vielleicht <strong>für</strong> frühere<br />
Generationen das Auto Eigenständigkeit und Unabhängigkeit symbolisiert hat, indem es <strong>für</strong><br />
eine potenzielle Mobilität stand, die das jederzeitige Fortfahren als Möglichkeit setzte und<br />
daher das Bleiben als wohlwollende Entscheidung eines freien Bürgers auffassen ließ, so<br />
stehen heute Computer und Internet <strong>für</strong> die Autonomie und Unabhängigkeit der<br />
Entscheidung, an gegebenen Real Life-Kommunikationen teilzunehmen, weil man dazu<br />
eben nicht gezwungen ist, da man ja auch jederzeit im Internet oder auch nur in virtuellen<br />
Spiel-Welten verschwinden könnte. So man einen Computer hat, kann man/frau sich auch<br />
darüber hinwegtrösten, dass sie aus bestimmten Kommunikationen im Zusammenhang mit<br />
Paarbildung und Sexualität ausgeschlossen sind.<br />
Vom Zeitgeist und von der modernen feministischen Erziehung werden Mädchen und junge<br />
Frauen heute sehr stark in diese Richtung der Gewinnung von Autonomie gedrängt. Wenn<br />
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