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Aichholzer N., Friedhuber, J.(2003) - Ludwig Boltzmann Institut für ...

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„B2: Naja, nach der Arbeit schaue ich mir keinen Film an. Wenn ich jetzt nach<br />

Hause komme, tu ich mich ausruhen, dann werden eh meine Freunde<br />

anrufen, ob ich Zeit habe. Dann gehe ich meistens mit meinen Freunden<br />

etwas trinken und rauchen.“ (WUK 657/661)<br />

„B1: Oiso, bei mir ist es so, am meisten rauche ich am Freitag, also wenn ich so mit<br />

Freunden unterwegs bin, wie zum Beispiel heute, sonst rauche ich selten also.<br />

Weil am Freitag gehe ich mit Freunden fort, da geh ich halt, da habe ich Gusto<br />

drauf, da will ich rauchen einfach. Ich weiß auch nicht warum es so ist, aber<br />

da hat man einfach Gusto drauf.“ (Wienerberg M 363/371)<br />

„B2: Das ist halt, mit den Freunden habe ich mehr Spaß, da will ich einfach<br />

rauchen, zu Hause nicht, aber da<strong>für</strong> bei meinen Freunden, weil jeden Freitag<br />

ist das bei mir so.“ (Wienerberg M 531/533)<br />

Mit Freunden hat man mehr Spaß beim Rauchen – auch diese Passage zeigt wieder, dass<br />

das Rauchen in der Gruppe nicht als Phänomen des Gruppendrucks und auch nicht als<br />

mimikry-haftes Nachahmungsverhalten interpretierbar ist, das nur eine soziale Funktion hat,<br />

aber außer der Geste keine Spuren im Bewusstsein zurücklässt. Tatsächlich ist das<br />

Rauchen im Freundeskreis (oder in der Männergruppe) <strong>für</strong> die Burschen die insgesamt<br />

betrachtet schönste und genussreichste Form des Rauchens, schöner, wenn man nach den<br />

Nennungen und Thematisierungen in den Fokusgruppen gehen darf, als die „Zigarette<br />

danach“.<br />

Viel eher, als dass die Zigarette diese Jungmänner-Runden erst konstituierte und <strong>für</strong> sie als<br />

soziale Klammer fungieren würde, kann man wohl interpretieren, dass sie ein Moment<br />

verstärken hilft, das in diesen Runden latent schon da ist. Mit Bezug auf die<br />

entwicklungspsychologische Grundcharakterisierung der männlichen Pubertät als Streben<br />

nach Autonomie und Freiheit, getränkt mit einem Schuss Egomanie und Selbstherrlichkeit,<br />

ist es vielleicht möglich, die Zigarette bei Burschen als Instrument der narzisstischen<br />

Selbstfeier im Kreise Gleichgesinnter zu begreifen. Auch wieder im Gegensatz zu den<br />

Mädchen scheint es in diesen Zusammenkünften nicht so sehr darum zu gehen, durch<br />

Formen privater Kommunikation über Gott und die Welt eine Beziehung herzustellen, eigene<br />

individuelle Weltsichten darzustellen, jene anderer zur Kenntnis zu nehmen, zu überprüfen,<br />

zu kalibrieren, sondern im gemeinsamen „Spaß“, eine Erfahrung mit sich selbst zu machen.<br />

Der Spaß besteht eigentlich vor allem darin, so zu sein und sein zu dürfen, wie man ist oder<br />

besser: wie man gerne ist, weil man sich so gefällt. Ein Spaß ist das deshalb, weil alle<br />

sozialen Anforderungen abgewehrt sind und keine Verpflichtung zu selbstreflexiver Distanz<br />

und Selbstkontrolle gegeben ist.<br />

Für eine solche, den Rückbezug auf das eigene Ich betonende Interpretation spricht auch<br />

die zweite von den Burschen am häufigsten genannte und umschriebene Situation des<br />

höchsten Rauchgenusses: das Essen. Es ist auch nur von Burschen der Bezug zur<br />

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