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Aichholzer N., Friedhuber, J.(2003) - Ludwig Boltzmann Institut für ...

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nur plaudert. Die Zigarette wird so zu einem Ingrediens des angenehmen Lebens. Die<br />

Jugendlichen beherrschen diese Form der Herstellung von Sozialität, Gemeinschaft,<br />

Gemütlichkeit und Redseligkeit und sicher ist das nicht nur <strong>für</strong> Jugendliche eine notwendige<br />

und sehr sinnvolle Fähigkeit. Die Zigarette hilft ihnen dabei und ist insofern in ein<br />

Gesamtkonzept des einfach genussreichen Lebens und der notwendigen Psychohygiene<br />

eingebaut. Sie schafft einen Zugang zum genussreichen Leben, zur Zufriedenheit mit sich<br />

selbst, ja, zum eigenen Selbst, denn tatsächlich spürt man unter dem Eindruck eines<br />

Lungenzugs vor allem den eigenen Körper, sich selbst. Oder noch einmal anders: sie ist wie<br />

ein Schlüssel zu einem Raum, in dem man/frau sich selbst auf angenehme, liebenswerte<br />

Weise begegnet, nicht gestresst, gedemütigt, in Verlegenheit gebracht, genervt, überfordert,<br />

gescholten, angeschnauzt oder sonst wie abgewertet. Die Rauchschwaden des<br />

ausgehauchten blauen Dunstes werden quasi meditativ umgedeutet zum Sinnbild <strong>für</strong> den<br />

ruhigen, schönen, ziel- und zeitlosen Strom des eigenen Lebens. Wie im autogenen Training<br />

werden Gedanken zu bloßen Assoziationen, deren lose Aneinanderreihung nur ihr Vergehen<br />

befördert und keinerlei Reflexion und Innehalten notwendig macht.<br />

„M1: Es ist, auch wenn man im Kaffeehaus sitzt, ist es irgendwie gemütlicher wenn<br />

man irgendwie eine Zigarette raucht.<br />

M3: Ja, das ist cool zum Kaffee.<br />

M5: Ja, oder einfach wenn Du dann so sitzt und nur redest.<br />

M4: Ja, auch so zu Hause. (lachen)“ (Trummelhof 600/612)<br />

„I: Erzählt mir einfach noch so, wie Ihr gemeinsam den Abend verbringt?<br />

M3: Wir reden über Sachen.<br />

M2: ....wenn wir zusammen sind.<br />

M3: Zum Beispiel, die (Name)....<br />

M2: Ja, genau.<br />

M3: Also wir reden über Leute, die wir hassen oder Leute-<br />

M1: Die alles raustratschen.<br />

M2: Die uns mächtig am Arsch gehen. Über die Tschickschnorrer....<br />

M3: Oder wir reden einfach ganz über uns selber.<br />

M2: Oder wir reden über Geld oder so etwas.<br />

I: Und dann quatscht Ihr und raucht?<br />

M2: Ja.“ (Wienerberg W 855/872)<br />

Dass es sich dabei wirklich um Genießen handelt, lässt sich daraus ablesen, dass die<br />

Mädchen nun auch sehr gut zu unterscheiden wissen, wann eine Zigarette passend ist und<br />

wann nicht, wann sie ihnen ein besseres Gefühl beschert und wann sie nur<br />

Unannehmlichkeiten mit sich bringt. Sie haben die besonderen Situationen herausgefunden,<br />

in denen ihnen die Zigarette am besten schmeckt und der Genuss am höchsten ist. Auf die<br />

entsprechende rage in den Fokusgruppen erhielten wir immer wieder die selben Antworten:<br />

nach der Schule, nach dem Essen, nach dem Sex, vor dem schlafen Gehen.<br />

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