Aichholzer N., Friedhuber, J.(2003) - Ludwig Boltzmann Institut für ...
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1. EINLEITUNG, ZUSAMMENFASSUNG DER WICHTIGSTEN<br />
ERGEBNISSE UND KONSEQUENZEN<br />
Warum rauchen Raucher und Raucherinnen? Auf diese Frage gibt es heute nach 40 Jahren<br />
sozialmedizinischer, psychologischer, soziologischer, anthropologischer, historischer und<br />
anderer Forschung viele Antworten. Die gültigste von allen, die in präventiver Hinsicht<br />
allerdings wenig weiter hilft, ist sicher diese: weil sie süchtig sind. Das Nachlassen der<br />
psychoaktiven Wirkung des Nikotins erzeugt einen als unangenehm empfundenen<br />
Mangelzustand und das Bedürfnis, diesen durch Zufuhr von Nikotin zu beheben. Die<br />
Behebung des Mangelzustands wird als angenehm erlebt. Dieses Erleben wird von<br />
Rauchern und Raucherinnen natürlich auf weit poetischere Weise interpretiert, um nicht zu<br />
sagen verklärt: als Entspannung, Hochgenuss, kreative Schübe auslösend, Wohlbefinden<br />
stimulierend, beruhigend, erhebend, stimmungsaufhellend, fokussierend, die Konzentration<br />
fördernd oder so ähnlich.<br />
Das erklärt zumindest, warum Raucher ihr einmal begonnenes Tun fortsetzen, obwohl sie<br />
praktisch alle an den unangenehmen physischen „Nebenwirkungen“ – eigentlich<br />
Hauptwirkungen - leiden, um die Schädlichkeit des Rauchens bescheid wissen und darum,<br />
dass die Mehrheit der Nichtraucher/innen mit Zigarettenrauch – ausgeatmet oder als<br />
Nebenstromrauch – ein Problem hat.<br />
Die zentrale Frage der Präventionsforschung ist daher: warum haben Raucher und<br />
Raucherinnen zu rauchen begonnen? Welche Motive, Erfahrungen, Erwartungen und<br />
sozialen Rahmenbedingungen stehen am Anfang einer Raucherkarriere? Aus mehreren<br />
Untersuchungen ist bekannt, dass etwa 80% der Raucher/innen im Jugendalter beginnen,<br />
mit einer Tendenz zu einem immer jüngeren Einstiegsalter (Reid, McNeill et al. 1995), das<br />
derzeit im Durchschnitt bei etwa 14 Jahren liegt (Dür et al. 2002). Es ist auch bekannt, dass<br />
die Abhängigkeit im Erwachsenenalter desto gravierender ist, je früher der Einstieg<br />
stattgefunden hat (Breslau, Peterson 1996; Taioli, Wynder 1991; Thomas, Walker et al.<br />
1998). Die entscheidende präventionsleitende Frage ist daher genauer die, warum<br />
Jugendliche mit dem Rauchen beginnen.<br />
In der wissenschaftlichen Literatur wurden verschiedene Erklärungsmodelle <strong>für</strong> das Rauchen<br />
von Jugendlichen entwickelt, die alle mittlerweile auch mehr oder weniger dominant im<br />
Denken von Eltern, Lehrer/innen, Ärzt/inn/en und Expert/inn/en der Gesundheitsförderung<br />
und der Suchtvorbeugung präsent sind. Diese „mentalen Modelle“, um einen Begriff von<br />
Peter Senge zu verwenden, bestimmen letztlich, wie das Problem des jugendlichen<br />
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