Der Faktor Geschwindigkeit im motorisierten Strassenverkehr - BfU
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Schliesslich sei die sogenannte V85 erwähnt. An<br />
einem best<strong>im</strong>mten Messort ist sie diejenige <strong>Geschwindigkeit</strong>,<br />
die von 85 % der Fahrzeuge nicht<br />
überschritten wird. Dieser Wert wird in der Verkehrstechnik<br />
als Mass für den Einhaltegrad einer<br />
<strong>Geschwindigkeit</strong>sl<strong>im</strong>ite verwendet.<br />
4. <strong>Geschwindigkeit</strong> aus juristischer<br />
Sicht<br />
4.1 Einleitung<br />
Das Thema Fahrgeschwindigkeit ist auch aus juristischer<br />
Sicht äusserst komplex und kann <strong>im</strong> Rahmen<br />
des vorliegenden Kapitels nicht umfassend abgehandelt<br />
werden. Im Folgenden wird kurz die Entwicklung<br />
der <strong>Geschwindigkeit</strong>sreg<strong>im</strong>es in der<br />
Schweiz dargestellt und die heute geltende gesetzliche<br />
Regelung erläutert.<br />
4.2 Entwicklung der <strong>Geschwindigkeit</strong>sbeschränkungen<br />
Die Regelung der Fahrgeschwindigkeit erfuhr <strong>im</strong><br />
Laufe der Zeit verschiedene Änderungen. Das Bundesgesetz<br />
über den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr<br />
vom 15. März 1932 (MFG) sah – anders als<br />
davor geltende kantonale Regelungen des Fahrzeugverkehrs<br />
– keine starre Begrenzung der <strong>Geschwindigkeit</strong><br />
vor. <strong>Der</strong> Bundesrat wurde zwar verpflichtet,<br />
Höchstgeschwindigkeiten für schwere<br />
Fahrzeuge festzulegen, doch stand es ihm frei, dies<br />
auch für andere Fahrzeugkategorien zu tun. In der<br />
Folge machte er von seiner Kompetenz keinen<br />
Gebrauch. <strong>Der</strong> Gesetzgeber des MFG sah davon ab<br />
vorzuschreiben, wie schnell max<strong>im</strong>al gefahren<br />
werden durfte. Er zog es vor, eine allgemeine Regel<br />
über die <strong>Geschwindigkeit</strong> zu erlassen. Diese forderte<br />
von den Fahrzeuglenkenden, das Fahrzeug zu<br />
beherrschen und die <strong>Geschwindigkeit</strong> an die konkreten<br />
Strassen- und Sichtverhältnisse anzupassen.<br />
<strong>Der</strong> Grundsatz der situationsangepassten <strong>Geschwindigkeit</strong><br />
wurde in erweiterter Form ins <strong>Strassenverkehr</strong>sgesetz<br />
(SVG) übernommen und ist als<br />
Art. 32 Abs. 1 SVG 2 bis heute unverändert. Die<br />
Pflicht zur Beherrschung des Fahrzeugs wurde<br />
separat in Art. 31 Abs. 1 SVG verankert. Mit dem<br />
SVG, das etappenweise in Kraft gesetzt wurde und<br />
gleichzeitig das MFG aufhob, führte der Gesetzgeber<br />
aus Sicherheitsgründen erstmals eine zahlenmässige<br />
<strong>Geschwindigkeit</strong>sbeschränkung ein: Vorbehältlich<br />
abweichender Anordnungen durfte in<br />
Ortschaften max<strong>im</strong>al 60 km/h gefahren werden<br />
(Art. 32 Abs. 2a SVG 3 ).<br />
Die Kompetenz zum Erlass sogenannter funktioneller<br />
Verkehrsanordnungen, inklusive der Regelung<br />
der erlaubten Höchstgeschwindigkeit, wurde an<br />
die Kantone delegiert (Art. 3 Abs. 4 SVG). Diese<br />
resp. die Gemeinden durften lokale <strong>Geschwindigkeit</strong>sbeschränkungen<br />
anordnen, wenn dies durch<br />
einen verkehrspolizeilichen Grund wie die Sicherheit,<br />
Erleichterung oder Regelung des Verkehrs<br />
gerechtfertigt war 4 . Zusätzlich wurden die zuständigen<br />
kantonalen Behörden ermächtigt, die<br />
Höchstgeschwindigkeit ausserorts zu beschränken<br />
und innerorts abweichende Höchstgeschwindigkeiten<br />
festzulegen (Art. 32 Abs. 3 aSVG 5 ).<br />
<strong>Der</strong> Bundesrat erhielt ebenfalls eine Teilkompetenz<br />
zum Erlass von <strong>Geschwindigkeit</strong>svorschriften<br />
(Art. 32 Abs. 5 aSVG 6 ). Gestützt darauf beschränkte<br />
er die Höchstgeschwindigkeiten auf Autobahnen<br />
lediglich für einige Fahrzeugarten. Es lag folglich <strong>im</strong><br />
Ermessen des zuständigen Organs (Bundesrat,<br />
⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />
2 <strong>Strassenverkehr</strong>sgesetz vom 19. Dezember 1958, SR 741.01<br />
3 AS 1959, 690<br />
4 Botschaft des Bundesrats vom 24. Juni 1955, BBl 1955 II 11.<br />
5 AS 1959, 690<br />
6 AS 1959, 690<br />
bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht 41