Der Faktor Geschwindigkeit im motorisierten Strassenverkehr - BfU
Der Faktor Geschwindigkeit im motorisierten Strassenverkehr - BfU
Der Faktor Geschwindigkeit im motorisierten Strassenverkehr - BfU
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
verhältnissen unterwegs sein darf. Aber auch bei<br />
Einhaltung der allgemeinen oder signalisierten<br />
Höchstgeschwindigkeit ist der Motorfahrzeuglenkende<br />
noch nicht aus der Pflicht. Er muss sein <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />
an die jeweiligen Bedingungen<br />
wie Verkehrs-, Strassen- und Wetterverhältnisse<br />
anpassen. Letztlich gibt der Gesetzgeber<br />
nur vor, unterhalb welcher Höchstgrenze sich das<br />
<strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten abzuspielen hat.<br />
Davon abzugrenzen ist die <strong>Geschwindigkeit</strong>, für die<br />
die Strasse gebaut worden ist. Hier handelt es sich<br />
um die sogenannten Ausbau- bzw. Projektierungsgeschwindigkeiten.<br />
Von der Theorie her sollten<br />
Ausbau- und Projektierungsgeschwindigkeit, allgemeine<br />
oder signalisierte Höchstgeschwindigkeit<br />
und tatsächlich gefahrene <strong>Geschwindigkeit</strong> möglichst<br />
nah beieinander sein. Allerdings gibt es empirische<br />
Resultate, die darauf hinweisen, dass das<br />
Unfallgeschehen verringert werden kann, wenn die<br />
erlaubte Höchstgeschwindigkeit geringer ist als die<br />
Ausbau- bzw. Projektierungsgeschwindigkeit, d. h.<br />
wenn die Strasse eine gewisse <strong>Geschwindigkeit</strong>stoleranz<br />
bietet. Dies dürfte auch der Grund dafür<br />
sein, dass die erlaubte Höchstgeschwindigkeit in<br />
den USA in den allermeisten Fällen sogar deutlich<br />
unter der V85 liegt, also der <strong>Geschwindigkeit</strong>, die<br />
von 85 % der Motorfahrzeuglenkenden nicht<br />
überschritten wird.<br />
3. Motorfahrzeuglenkende<br />
Merkmale der Motorfahrzeuglenkenden haben<br />
einen ganz erheblichen Einfluss darauf, ob mit<br />
angemessener <strong>Geschwindigkeit</strong> gefahren wird oder<br />
nicht. Einige der wichtigen <strong>Faktor</strong>en wurden bereits<br />
in Kap. V.5, S. 47 erwähnt.<br />
3.1 Alter<br />
Unangemessene <strong>Geschwindigkeit</strong> ist ein Problem<br />
der eher jüngeren Motorfahrzeuglenkenden, wobei<br />
dies relativ zu verstehen ist. Es handelt sich dabei<br />
nicht nur um die Gruppe der 18- bis 24-Jährigen,<br />
sondern um Lenkende bis ca. Mitte 30. Es ist allerdings<br />
nicht ausgeschlossen, dass dem problematischen<br />
<strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten der ganz Jungen<br />
und der Erwachsenen unterschiedliche Ursachen<br />
zugrunde liegen. Im einen Fall dürfte es sehr viel<br />
mit dem entwicklungspsychologischen Stand der<br />
jungen Leute zu tun haben. Bei den anderen hingegen<br />
ist die Entwicklung eigentlich abgeschlossen,<br />
aber die Grenzerfahrung wird noch <strong>im</strong>mer<br />
gesucht.<br />
Das Risikoverhalten der Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen wird auf eine Kombination von verschiedenen<br />
<strong>Faktor</strong>en zurückgeführt. Genannt werden<br />
beispielsweise das Pubertätsalter, hormonelle<br />
Fluktuationen und genetische <strong>Faktor</strong>en neben psychologischen<br />
<strong>Faktor</strong>en wie Selbstwahrnehmung,<br />
Beziehungen zu den Gleichaltrigen («peers»), Erziehungsstil<br />
der Eltern und andere psychosoziale<br />
<strong>Faktor</strong>en. Comsis Corporation und The Johns Hopkins<br />
University [32] weisen darauf hin, dass Theorien,<br />
die nur einen Aspekt der menschlichen Entwicklung<br />
berücksichtigen, der Komplexität des<br />
Phänomens nicht gerecht würden. Auch Shope<br />
[33] sieht diverse Einflussfaktoren für das riskante<br />
Fahrverhalten junger Motorfahrzeuglenkender. Sie<br />
nennt Persönlichkeitsmerkmale, demographische<br />
<strong>Faktor</strong>en, wahrgenommene Umgebung, soziale<br />
und physische Fahrerumgebung, Entwicklungsfaktoren<br />
und die Fahrkompetenz. In all diesen Aspekten<br />
sieht sie Interventionsmöglichkeiten. Versuche<br />
zur Änderung des Risikoverhaltens sollten auf je-<br />
bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06 Massnahmen zum <strong>Geschwindigkeit</strong>smanagement 61