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Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig ...

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Digitale Bibliothek <strong>Braunschweig</strong><br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042137<br />

80 G. HASSEBRAUK<br />

ein Geistlicher sich weigerte, in Wolfenbilttel die Probepredigt zu halten, da<br />

sie nicht zum Examen gehöre. Jetzt aber, wo die Huldigung, wie es schien<br />

und hiess, ad Calen<strong>das</strong> Graecas verschoben war, wurde die Sache ernster.<br />

Zunächst weigerten sich jetzt die Pfarrer regelmässig, sich der Probepredigt<br />

zu unterziehen, und während bisher die Erlasse <strong>des</strong> Herzoglichen Konsistoriums<br />

(noch am 20. September 1590) ohne Widerspruch in der Stadt veröffentlicht<br />

wurden, antwortete am 2 I. September 1590 plötzlich ein städtisches<br />

Konsistorium. Es war dies ein Gewaltstreich <strong>des</strong> Rates, der damit<br />

einen wichtigen Teil <strong>des</strong> Herzoglichen Rechtes annullierte. Natürlich kam<br />

am 24. September sofort ein geharnischter Protest <strong>des</strong> Herzogs gegen diesen<br />

Übergriff, aber vergeblich, und bescheiden führte sich die neue Behörde auch<br />

nicht ein; denn von nun an wurden alle einschlägigen Erlasse <strong>des</strong> Herzogs,<br />

z. B. die Unsittlichkeit betreffend (1593, 3. Januar), über Kirchendisziplin<br />

(1593, 6. Januar), öffentliche Gebete anordnend (1591, 28. Januar) und so<br />

weiter - als nicht kompetent abgelehnt. Vor allem aber geriet <strong>das</strong> neue<br />

Konsistorium mit dem alten sofort in einen heftigen Streit über die Entscheidung<br />

in Ehesachen. Der Herzog begann nun seine Repressalien damit, <strong>das</strong>s<br />

er die Belehnung neuer Pfarrer trotz der Bitten der Stadt von 1591 an regelmässig<br />

verweigerte, was die Pfarrer der Lehenseinkünfte wegen nicht unempfindlich<br />

traf. Da der Stadt aber mehr an ihrer Selbständigkeit als an<br />

einigen Scheffeln Korn etc. lag, so scheint sie noch 1592 die Pfarrer fast ohne<br />

Ausnahme auf ihre Seite gebracht zu haben. Sogar in den Pfahl- und Lehensdörfern<br />

brachte der Rat <strong>das</strong> gesamte Rechnungswesen der Geistlichen an sich,<br />

ohne jemals dem Lan<strong>des</strong>herren von früher Rechenschaft abzulegen.<br />

Endlich beraubte der Rat 1598 auch <strong>das</strong> Stift St. Cyriaci seines alten<br />

Rechtes, die Pfarrstelle von St. Petri zu besetzen, indem er den dortigen<br />

Pfarrer Neukirch (Neofanius), der streng am Stifte und am Herzoge festhielt,<br />

gewaltsam aus der Stadt vertrieb und ihm sogar mit der Schandglocke nachläutete.<br />

Dass die Kirche von Rüningen, um die schon mit Julius Streit gewesen<br />

war, jetzt erst recht verwaist blieb, ist leicht verständlich. Der 1600<br />

eintretende Kriegszustand fand also die Stadt tatsächlich im Vollbesitze der<br />

kirchlichen Hoheit; die Geistlichen, namentlich der Koadjutor Kauffmann<br />

und die Pfarrer Hustedt und Wagner, waren stramme Verteidiger der Stadtfreiheit<br />

und kümmerten sich nicht im geringsten um die rechtlich doch weiterbestehende<br />

Lehnshoheit <strong>des</strong> Herzogs; 1605 war ihnen Heinrich Julius der<br />

grimmige Tyrann und Hero<strong>des</strong>, <strong>des</strong>sen Ansprüche zu bekämpfen christliche<br />

Pflicht war. Auch die Acht und die späteren Herzöge änderten daran nichts:<br />

die Kirche <strong>Braunschweig</strong>s blieb frei und hat sich bis zu einem gewissen Grade<br />

die alte Freiheit noch heute bewahrt.

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