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Moderne Rabbinerausbildung in Deutschland und Ungarn - Or-Zse

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Interessanterweise kamen aus Galizien, wo die Juden e<strong>in</strong>en hohen Prozentsatz der<br />

Bevölkerung bildeten 540 , nur wenige Studierende nach Breslau. Der Gr<strong>und</strong> ist wohl,<br />

dass die dort gepflegte moderne <strong>Rabb<strong>in</strong>erausbildung</strong> der Mehrheit der dortigen<br />

jüdischen Bevölkerung fremd war.<br />

1918 – 1938<br />

In diesem Zeitraum wurden <strong>in</strong>sgesamt 239 Studierenden neu immatrikuliert. 541<br />

Infolge des Ersten Weltkrieges hat die politische Landkarte Mittel-, Ost- <strong>und</strong><br />

Südeuropas wesentliche Veränderungen erfahren. Geht man von den Grenzen nach der<br />

Teilung aus, so war neben dem Deutschen Reich nunmehr Polen das wichtigste<br />

Herkunftsland der Hörer am Institut. Gemäß den Grenzen von 1930 stammten 105<br />

(44,49%) Studierender aus dem Deutschen Reich, 77 (32,63%) aus Polen, 24 (10,17%)<br />

aus <strong>Ungarn</strong> <strong>und</strong> 13 (5,51%) aus der Tschechoslowakei. 542<br />

Auch <strong>in</strong> der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war der Anteil ausländischer Studenten<br />

hoch; "zwischen 1919 <strong>und</strong> 1932 war be<strong>in</strong>ahe jeder zweite Studierende des Sem<strong>in</strong>ars e<strong>in</strong><br />

Ausländer." 543<br />

5.1.4 E<strong>in</strong>e Wertung der "Ostjuden" <strong>in</strong> den Augen e<strong>in</strong>es deutschen Hörers<br />

Willy Cohn 544 schreibt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Er<strong>in</strong>nerungen an das Breslauer Judentum über die<br />

ausländischen Studierenden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ziemlich arroganten <strong>und</strong> abwertenden Ton: "Das<br />

Sem<strong>in</strong>ar hatte damals besonders viele ostjüdische Schüler, die ke<strong>in</strong> reguläres deutsches<br />

Abiturium besaßen, die aber die Universität besuchen wollten. Sie mussten sich e<strong>in</strong>er<br />

Ergänzungsreifeprüfung unterziehen, <strong>und</strong> für diese sollten die Kollegen Kober, Schäffer <strong>und</strong> ich<br />

sie vorbereiten […]. Wie viel ließe sich über die Typen sagen, die man kennen lernte. Diese<br />

jungen Menschen waren <strong>in</strong> ihrem Charakter nach durchaus gutartig. Sie waren auch meist von<br />

e<strong>in</strong>er nicht durchschnittlichen Begabung, denn sonst wären sie ja auch nicht nach <strong>Deutschland</strong><br />

gekommen. Was ihnen aber fehlte, war jedes Verhältnis zu den e<strong>in</strong>fachsten zivilisatorischen<br />

539 Ebd., S. 109.<br />

540 Jüdisches Lexikon, Berl<strong>in</strong> 1927 (2. Auflage Frankfurt am Ma<strong>in</strong> 1987), Band 3, S. 874: 1910 lebten 871<br />

895 Juden <strong>in</strong> Galizien, d.h. 10,86 % der Gesamtbevölkerung.<br />

541 Weczerka, S. 113.<br />

542 Ebd., S. 113.<br />

543 Ebd., S. 115.<br />

544 Willy Cohn (1888 – 1941), Verwehte Spuren. Er<strong>in</strong>nerungen an das Breslauer Judentum vor se<strong>in</strong>em<br />

Untergang, Wien 1995, S. 469-470.<br />

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