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Moderne Rabbinerausbildung in Deutschland und Ungarn - Or-Zse

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Bevölkerung wirklich getragen waren, zeigen die Unruhen die Isolation der Juden sehr deutlich,<br />

ihre Stellung als e<strong>in</strong>e von der übrigen Gesellschaft <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> abgesonderte Gruppe.“ 67<br />

Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. verfolgte daraufh<strong>in</strong> seit dem Jahre 1841<br />

e<strong>in</strong>e andere staatspolitische Zielsetzung bezüglich der Juden, nämlich statt der<br />

erzieherischen "bürgerlichen Verbesserung" die "korporative Ausgliederung". 68 In e<strong>in</strong>er<br />

Zeit, <strong>in</strong> der immer mehr Juden bestrebt waren, loyale Staatsbürger zu se<strong>in</strong>, mussten die<br />

Letzteren diese Absichten der Herrschenden natürlich als e<strong>in</strong>e erneute Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />

betrachten. Der Magdeburger Rabb<strong>in</strong>er Ludwig Philippson (1811 – 1889), seit 1837<br />

Herausgeber der von ihm gegründeten Allgeme<strong>in</strong>en Zeitung des Judenthums (AZJ),<br />

verfasste e<strong>in</strong>e Petition, der sich mehr als 80 jüdische Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

anschlossen. das eigentliche Anliegen des Protestes war die geplante Befreiung der<br />

Juden vom Militärdienst. Philippson schrieb:<br />

"Und so vere<strong>in</strong>igt sich auch <strong>in</strong> uns das religiöse Bewußtse<strong>in</strong>, das den ganzen Menschen trägt,<br />

mit dem Patriotismus, <strong>und</strong> jede Veranlassung, die uns von der thätigen Bewährung des letzteren<br />

ausschlöße, würde auch den religiösen Menschen <strong>in</strong> uns verletzen, niederdrücken." 69<br />

In Preußen, wo um 1850 etwa die Hälfte aller deutschen Juden lebte, 70 setzten im<br />

Landtag die Debatten über den sogenannte "Gesetzentwurf, die Verhältnisse der Juden<br />

betreffend" im Juni 1847 e<strong>in</strong>. Angeschnitten wurden Themen wie die Beschäftigung<br />

von Juden im Staatsdienst, ihre Wahrnehmung von ständischen Rechten, die Ausübung<br />

akademischer Lehrämter <strong>und</strong> andere mehr. 71<br />

Im Juli 1847 wurde e<strong>in</strong>e weitgehende<br />

Vere<strong>in</strong>heitlichung der preußischen Judengesetzgebung ratifiziert, wobei für Posen e<strong>in</strong>e<br />

Unterscheidung <strong>in</strong> zwei Klassen beibehalten wurde. Die Juden erhielten noch immer<br />

ke<strong>in</strong>e ständischen Rechte, <strong>und</strong> auch im akademischen Bereich blieben die<br />

E<strong>in</strong>schränkungen bestehen.<br />

Trotz der von Moses Mendelssohn e<strong>in</strong>geleiteten jüdischen Aufklärung (Haskala) <strong>und</strong><br />

dem E<strong>in</strong>setzen der Emanzipation waren <strong>in</strong> der Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts die jüdischen<br />

Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> mehrheitlich noch an der Tradition orientiert, schon aus dem<br />

67 Ebd., S. 105–106.<br />

68 Jersch-Wenzel, S. 53.<br />

69 Allgeme<strong>in</strong>e Zeitung des Judenthums (nachfolgend: AZJ) 6 (1842), S. 200 f.<br />

70 Stefi Jersch-Wenzel, Bevölkerungsentwicklung <strong>und</strong> Berufsstruktur, Tabelle: Anteil der Juden an der<br />

Gesamtbevölkerung e<strong>in</strong>zelner deutschen Staaten 1816/17 <strong>und</strong> um 1848, <strong>in</strong>: Michael Brenner, Stefi Jersch-<br />

Wenzel <strong>und</strong> Michael A. Meyer, Deutsch-jüdische Geschichte <strong>in</strong> der Neuzeit, Band II, Emanzipation <strong>und</strong><br />

Akkulturation 1780-1871, München 2000, S. 59.<br />

71 Jersch-Wenzel, S. 55.<br />

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