Doku-Rituelle Gewalt 24.06.2010 - Diakonie Rheinland-Westfalen ...
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Fachtagung <strong>Rituelle</strong> <strong>Gewalt</strong> 2010<br />
ben rituell abzuwehren, einem jungen Mann die Kehle durchgeschnitten<br />
und das aufgefangene Blut in einem Gefäß vor dem Standbild einer Gott-<br />
heit deponiert. Mitten in das Ritual hinein platzte das Erdbeben, so dass<br />
die Opfersituation quasi konserviert wurde und rekonstruiert werden konn-<br />
te, als Opfer, Opferpriester, Helfer und Waffe ausgegraben worden wa-<br />
ren2.<br />
Aus dem weiteren Verlauf der europäischen Bronze- und Eisenzeit sind u.<br />
a. Bauopfer, die bei Errichtung eines Baues oder einer Brücke gebracht<br />
wurden, bekannt, ferner Gefolgschaftsopfer, also Diener oder Gattinnen,<br />
die beim Tode mächtiger Persönlichkeiten diesen ins Grab folgten3, oder<br />
sogenannte Strafopfer wie in dem eisenzeitlichen (ab ca. 800 v. Chr.) Be-<br />
fund in Garton Slack im östlichen Yorkshire (Großbritannien), wo man<br />
Überreste einer mit durch die Arme getriebenen Dübeln am Boden befes-<br />
tigten Frau fand, zwischen deren Beinen Überreste eines Sechsmonatsfö-<br />
tus lagen. Dieser war nach Meinung des Ausgräbers von der durch die<br />
Lebendbestattung traumatisierten Mutter frühgeboren worden, kurz bevor<br />
beide starben. Das Strafopfer erfolgte möglicherweise wegen sexuellen<br />
Fehlverhaltens4. Das würde erklären, warum auch das Ungeborene keine<br />
Lebenschance erhalten hatte.<br />
Altamerika. Wenn wir unseren Blick nun auf außereuropäische Kulturen<br />
richten, dann finden wir fast keine, in der es nicht zu irgendeiner Zeit Men-<br />
schenopfer gegeben hat. Besonders bekannt ist das Opferritual der Azte-<br />
ken und Mayas in Mesoamerika, das sogenannte Herzopfer, die Entnah-<br />
me des noch schlagenden Herzens aus der auf einem Opferstein über-<br />
dehnten und geöffneten Brust.5<br />
In Teotihuacan, einem Ort nicht weit von Mexico City, hat man in zwei Py-<br />
ramiden umfangreiche Bauopfer von Menschen und Tieren gefunden, an<br />
deren ritueller Lebendbestattung kein Zweifel besteht; bei einer der bei-<br />
den, der sogenannten Federschlangenpyramide, beträgt die Gesamtzahl<br />
der in ihr im 3. Jh. n. Chr. Gleichzeitig lebend Bestatteten über 200, von<br />
denen man 140 ausgegraben hat6. Die Menschen wurden nach Ge-<br />
schlechtern getrennt in symmetrischen Reihen zu acht oder 18 Personen<br />
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