Doku-Rituelle Gewalt 24.06.2010 - Diakonie Rheinland-Westfalen ...
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Fachtagung <strong>Rituelle</strong> <strong>Gewalt</strong> 2010<br />
Wenn ein solch mächtiges Bedürfnis psychisch hinter einem Handeln<br />
steht, das derart unmenschlich und antisozial ist wie satanistische <strong>Gewalt</strong>-<br />
rituale, und wenn die TäterInnen diese Inhumanität dann sogar für ihren<br />
einzig möglichen Zugang39 zur Selbsttranszendenz halten, dann dürfte die<br />
hinter <strong>Rituelle</strong>r <strong>Gewalt</strong> stehende Form der Religion viel mächtiger und ge-<br />
fährlicher sein als die "Pseudoreligion"40, die manche Psychologen in den<br />
religiösen Aspekten satanistischer <strong>Gewalt</strong>rituale sehen wollen.<br />
An dieser Stelle möchte ich betonen, dass diese Überlegungen nicht als<br />
Behauptungen gemeint sind, sondern als Anfragen und Anregungen zu<br />
weiterer Forschung. In Überlebendenberichten und der einschlägigen Lite-<br />
ratur habe ich jedoch immer wieder Hinweise auf die Relevanz meiner<br />
Vermutungen gefunden.<br />
Hierher gehört z. B. ein an anderer Stelle41 kurz wiedergegebener Erfah-<br />
rungsbericht einer Überlebenden, die ich „Almut“ genannt habe. Ihr wies<br />
ein mystisches Erlebnis den Weg aus dem Kult, weil es ihr die Möglichkeit<br />
religiöser Erfahrung außerhalb des Kultes zeigte. Almut hat ganz offen-<br />
sichtlich im Kult Transzendenzerfahrungen gemacht, und zwar so intensi-<br />
ve, dass sie sie als unverzichtbar für ihr Leben hielt und durch sie an den<br />
Kult gebunden blieb, solange sie nicht wusste, dass solche Erfahrungen<br />
auch außerhalb des Kultes möglich waren.<br />
Wie Almuts Transzendenzerfahrung ausgesehen haben könnte, wird aus<br />
folgendem Textstück deutlich, in dem Ulla FRÖHLING die Erfahrungen eines<br />
jungen Mädchens schildert, die in einem Kult zur Tötung eines anderen<br />
Kindes gezwungen wurde42:<br />
Plötzlich begreift Endora, was sie tun soll. Sie sieht, wo sie steht. Sie<br />
fühlt, dass ihre Arme in die Höhe gestreckt sind. Sie fühlt die heißen, har-<br />
ten Männerhände, die über ihren Kinderhänden liegen. Sie schaut nach<br />
oben, sieht die blitzende Klinge, in der die Flammen des Feuers zucken.<br />
Das kann sie nicht. ... Sie will die Hände wegziehen. Er lässt sie nicht<br />
los. "Nein", sagt sie, "das nicht." Sie spricht leise, aber sie spricht. In dem<br />
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