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Doku-Rituelle Gewalt 24.06.2010 - Diakonie Rheinland-Westfalen ...

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Fachtagung <strong>Rituelle</strong> <strong>Gewalt</strong> 2010<br />

wenn sie entgegen der Evidenz erfolgt, etwas mit dem Nationalstolz des<br />

betreffenden Landes zu tun. Als das Ehepaar SAKELLARAKIS die Ergebnisse<br />

zu Anemospilia veröffentlichte, gab es fast einen nationalen Aufruhr in<br />

Griechenland: die vermeintlich so friedliche und helle minoische Kultur<br />

sollte eine Menschenopferkultur sein?!<br />

Peter HASSLERs Buch, das die aztekischen Menschenopfer bestreitet, hat in<br />

Mexiko eine nativistische Bewegung ausgelöst oder verstärkt, die ihr<br />

Selbstbewusstsein als Nachkommenschaft der Azteken aus der Nicht-<br />

wahrheit der Menschenopferberichte zieht, die moderne Mexikanistik der<br />

spätkolonialistischen Diskriminierung der mexikanischen Ureinwohner<br />

zeiht20 und den Autor als Verbündeten im antikolonialistischen Kampf be-<br />

greift, was es diesem außerordentlich schwierig machen dürfte, seine<br />

Meinung zu ändern, falls er eines Tages mit auch ihn überzeugenden Be-<br />

weisen für aztekische Menschenopfer konfrontiert werden sollte.<br />

Bei meinen eigenen Forschungen zum Menschenopfer habe ich es nicht<br />

selten mit Menschen zu tun, die es nicht akzeptieren wollen, dass ich in ih-<br />

rem Heimatland oder in einem von ihnen bewunderten Land Menschenop-<br />

fer gefunden habe. Dies erinnert an die Haltung derjenigen, die mit Un-<br />

glauben und Ablehnung auf Berichte von ritueller <strong>Gewalt</strong> in heutiger Zeit<br />

und in unserer Gesellschaft reagieren. Hier wie dort setzt die Akzeptanz<br />

der Wahrheit voraus, dass man bereit ist, sich auch mit den Schattensei-<br />

ten der eigenen oder einer bewunderten Kultur auseinanderzusetzen, und<br />

das fällt begreiflicherweise vielen Menschen schwer.<br />

Interessanterweise sind also auch im Umgang der Forscher mit der Religi-<br />

onsgeschichte des Menschenopfers alle Haltungen, von Sensationsgier<br />

über die Bemühung um wissenschaftliche Objektivität bis zur Leugnung<br />

der Tatsachen, vertreten, die auch den derzeitigen Umgang unserer Ge-<br />

sellschaft mit dem Phänomen der <strong>Rituelle</strong>n <strong>Gewalt</strong> noch kennzeichnen.<br />

3. Äußere und innere Motive für die Opferung von Men-<br />

schen<br />

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