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Doku-Rituelle Gewalt 24.06.2010 - Diakonie Rheinland-Westfalen ...

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Fachtagung <strong>Rituelle</strong> <strong>Gewalt</strong> 2010<br />

Aus religionswissenschaftlicher Sicht habe ich den Eindruck48, dass das<br />

Bedürfnis von Überlebenden, in ihrer religiösen Identität wahr- und ernst<br />

genommen zu werden, manchmal in der Therapie nicht ausreichend be-<br />

friedigt wird. Und wichtig für diese Identität ist ganz offensichtlich nicht nur<br />

eine außerhalb des Kultes gelagerte und für den Heilungsprozess not-<br />

wendige Spiritualität, sondern mindestens ebenso sehr die Prägung durch<br />

die im Kult erzeugte religiöse und psychische Bindung des Opfers an das<br />

ideologische System der Täter, - eine Bindung, die vermutlich viel tiefer<br />

sitzt und deren Lösung viel schwieriger ist, als sich von einem nichtreligiö-<br />

sen Standpunkt aus ermessen lässt, eben weil es offenbar nicht nur um<br />

eine ideologische, also im Kopf bestehende Bindung geht, sondern weil<br />

sie mit dem Streben nach Selbsttranszendenz gekoppelt wurde, das nach<br />

allem, was wir bisher darüber sagen können, als eines der tiefsten und<br />

drängendsten menschlichen Bedürfnisse angesehen werden muss.<br />

Sachliche Bestandsaufnahme. Neben möglichen Erkenntnissen für die<br />

Therapie der Überlebenden sehe ich jedoch noch eine andere wichtige<br />

Aufgabe, die von religionswissenschaftlicher Forschung geleistet oder un-<br />

terstützt werden sollte, nämlich die sachliche Auswertung der Überleben-<br />

denberichte in Bezug auf Detailinformationen zu den <strong>Gewalt</strong>kulten selbst.<br />

Aufgrund der Tatsache, dass es wenig andere Quellen zum Innenleben<br />

gewaltanwendender Kulte gibt und man daher nur äußerst selten eine<br />

sachliche Überprüfung von Detailinformationen vornehmen kann, hat bis-<br />

her das im Prinzip gesunde, aber in Übertreibung fatale wissenschaftliche<br />

Misstrauen gegen die Augenzeugenberichte von Überlebenden <strong>Rituelle</strong>r<br />

<strong>Gewalt</strong> dazu geführt, dass deren Wahrhaftigkeit grundsätzlich in Frage<br />

gestellt wurde. Vorhandene Forschungsarbeiten neigen dazu, eher den<br />

potentiellen Tätern als den Opfern zu glauben49, während die hinter den<br />

Erlebnissen der Überlebenden stehende Religion und Ritualpraxis außer<br />

in den für eine breite Leserschaft geschriebenen Sachbüchern kirchlicher<br />

oder journalistischer Satanismusexperten wie Ingolf CHRISTIANSEN oder Rai-<br />

ner FROMM meines Wissens noch keiner systematischen wissenschaftli-<br />

chen und jedenfalls keiner religionswissenschaftlichen Bestandsaufnahme<br />

und Analyse unterzogen worden ist.<br />

Wenn es gelänge, den Fokus auf eine solche systematische Erforschung<br />

<strong>Rituelle</strong>r <strong>Gewalt</strong> zu richten, dann würde auch die Notwendigkeit einer an-<br />

59

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