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56 Treff <strong>de</strong>r Generationen<br />
Rückblick zum Kultur-Café vom 14. Oktober <strong>2003</strong><br />
„Mein Name ist Dennis Sei<strong>de</strong>l und ich bin <strong>de</strong>rzeit Praktikant im Nachbarschaftsheim Schöneberg, welches<br />
auch ein Nachbarschaftscafé betreibt. In diesem Café Þn<strong>de</strong>t zweimal im Monat eine Veranstaltung<br />
statt, die sich Kultur-Café nennt. In diesem Rahmen hatte ich die Möglichkeit, einen Auftritt <strong>de</strong>r „Grauen<br />
Zellen“, einer Theatergruppe vom Theater <strong>de</strong>r Erfahrungen, zu erleben. Gut in Erinnerung ist mir auch noch<br />
<strong>de</strong>r Talentschuppen. Hier präsentierten Menschen aus <strong>de</strong>r Nachbarschaft ihre beson<strong>de</strong>ren Begabungen in<br />
einer bunten Mischung. Es gab zum Beispiel lebhaft inszenierte Gedichte o<strong>de</strong>r selbst verfasste Geschichten.<br />
Nach bei<strong>de</strong>n Veranstaltungen war ich verblüfft, welche kulturellen Veranstaltungen jenseits von Deutscher<br />
Oper und Neuer Nationalgalerie meine eigene Umgebung bietet.<br />
Ich möchte jedoch von Reinhold Waßmann berichten, <strong>de</strong>r am 14. Oktober im Kultur-Café zu Gast war. Herr<br />
Waßmann war zur Zeit <strong>de</strong>s diesjährigen Irakkrieges in Bagdad, um sich dort für <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n einzusetzen.<br />
Er erzählte an jenem 14. Oktober von seinen Erlebnissen aus dieser Zeit.<br />
Ich muss zugeben, dass <strong>de</strong>r Irakkrieg zu diesem Zeitpunkt bei mir schon in Vergessenheit geraten war,<br />
obwohl ich mich noch gut daran erinnern konnte, wie ich vor meinem Fernseher saß und mir <strong>de</strong>n Erstangriff<br />
<strong>de</strong>r Amerikaner anschaute. Meine Gefühle bestan<strong>de</strong>n damals aus Angst, Mitleid, Empörung und Wut.<br />
Mehrere Wochen nach En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Krieges kamen diese Gefühle wie<strong>de</strong>r hoch. Dies lag vor allem daran, wie<br />
Reinhold Waßmann <strong>de</strong>n Kontakt zu <strong>de</strong>n Irakern schil<strong>de</strong>rte, <strong>de</strong>n er in Bagdad hatte. Mir ist einmal mehr<br />
bewusst gewor<strong>de</strong>n, dass diese Menschen keineswegs zu einer „Achse <strong>de</strong>s Bösen gehören“ und genau wie<br />
wir ein Recht haben, ihr Leben nach eigenen Werten und Normen zu gestalten und vielleicht <strong>de</strong>nnoch das<br />
Leben durch die Angriffe <strong>de</strong>r Amerikaner verloren.<br />
Herr Waßmann wirkte auf mich sehr verstört, was mir ver<strong>de</strong>utlichte, dass Krieg eine Dimension hat,<br />
die ich nicht erfassen kann. Der Mut und das Engagement von Herrn Wassmann haben mich sehr beeindruckt.<br />
Als er gefragt wur<strong>de</strong>, ob er <strong>de</strong>nn keine Angst gehabt hätte dort unten, antwortete er mit beben<strong>de</strong>r<br />
Stimme: „Nein, Angst habe ich nicht gehabt, ich hatte nur solch eine Wut!“ Ich <strong>de</strong>nke, dass nicht nur mir<br />
diese Aussage unter die Haut ging.<br />
Nach<strong>de</strong>m Herr Waßmann über seine Erlebnisse berichtet hatte, folgte eine offene Gesprächsrun<strong>de</strong>, bei<br />
<strong>de</strong>r sich Alt und Jung über das eigene Erleben während das Irakkrieges und Krieg überhaupt austauschen<br />
konnte. Auch <strong>de</strong>r Zweite Weltkrieg wur<strong>de</strong> auf Grund <strong>de</strong>r älteren Besucher/innen an dieser Stelle Thema,<br />
was für die Jüngeren von beson<strong>de</strong>rem Interesse war.<br />
Mich hat dieser Nachmittag sehr nach<strong>de</strong>nklich gestimmt und mir ver<strong>de</strong>utlicht, dass ich für die Umstän<strong>de</strong><br />
dankbar sein muss, unter <strong>de</strong>nen ich aufwuchs und hoffen sollte, dass diese Umstän<strong>de</strong> so friedlich bleiben.<br />
Denn überall in <strong>de</strong>r Welt gibt es Krieg o<strong>de</strong>r kann es Krieg geben ...“<br />
Eine Seniorin <strong>de</strong>r Gruppe „Erzählen und Schreiben“<br />
liest eigene Texte<br />
Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Hort Hohenstaufenstraße tanzen im<br />
Kultur-Café