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MANAGEMENT<br />
Grössenwachstum ist eine Option, sofern<br />
es betriebswirtschaftlich Sinn<br />
macht. Selbst Skaleneffekte bringen nur<br />
beschränkt Erfolg, wenn das Wachstum<br />
nicht in Wert gesetzt werden kann. Darum<br />
ist es wichtig, dass der SBV seine<br />
Themen beispielsweise mit AgroClean-<br />
Tech oder Agrotourismus breiter setzt.<br />
Wo es mit dem Gewerbe Schnittstellen<br />
gibt, sind gleich lange Spiesse immer ein<br />
wichtiges Thema, das heisst, dass für<br />
Landwirtschaft und Gewerbe die gleichen<br />
Rahmenbedingungen gelten sollen.<br />
Wir von der Landwirtschaft sind bereit,<br />
in diesen Themen eine offene und<br />
faire Diskussion zu führen. Wir dürfen<br />
aber auch feststellen, dass die Landwirtschaft<br />
viele wichtige Aufträge an das<br />
Gewerbe vergibt. Im Baugewerbe profitiert<br />
das Gewerbe direkt. Das Einvernehmen<br />
mit dem schweizerischen Gewerbeverband<br />
ist gut. Wir haben auch<br />
gleiche oder ähnliche politische Anliegen,<br />
die wir gemeinsam anpacken.<br />
Heute muss ein Milchbauer 20% der Arbeitszeit<br />
mit Büroarbeit verbringen. Gibt<br />
es Vorschläge des SBV, diese Bürokratie zu<br />
verkleinern<br />
In der Anhörung der AP 14 – 17 und in<br />
Gesprächen mit dem Bundesamt für<br />
Landwirtschaft weisen wir permanent<br />
darauf hin, dass der administrative Aufwand<br />
für die Betriebe, aber auch für die<br />
Kantone nicht steigen darf. Die Bauernfamilien<br />
dürfen nicht noch mehr mit<br />
Projekten, Statistiken, Erhebungen, etc.<br />
belastet werden. Wir in der Landwirtschaft<br />
brauchen Regelungen, die einfach<br />
und überschaubar zu bewältigen<br />
sind. Wir können uns nicht für jede Fragestellung<br />
einen teuren Spezialisten<br />
leisten.<br />
Es gibt kaum eine<br />
breiter gefächerte<br />
Branche als die<br />
Landwirtschaft.<br />
Markus Ritter<br />
verteidigt den<br />
Bauernstand auf<br />
breiter Ebene.<br />
Die Agrarpolitik ist nur eine Ihrer Arenen,<br />
daneben kämpfen Sie punkto Mehrwertsteuer<br />
oder Alkoholgesetz gegen eine Verschlechterung<br />
der Position der Bauern.<br />
Was haben sie erreicht<br />
Mit der Mehrwertsteuer scheint sich abzuzeichnen,<br />
dass das Dreisatzmodell mit<br />
dem reduzierten Steuersatz von 2.5 %<br />
bleibt. Für uns Bauern die beste Lösung.<br />
Das vorgeschlagene Zweisatz-Modell<br />
hätte für uns im schlechtesten Fall<br />
Mehrkosten von 170 Mio. Fr. gebracht.<br />
Dies ist inakzeptabel. Gewehrt haben<br />
wir uns auch bei der Diskussion des Spirituosensteuergesetzes<br />
und setzen uns<br />
für die Steuerbefreiung bei der Herstellung<br />
von Spirituosen für den Eigengebrauch<br />
ein. Auch die Lagervorräte sollen<br />
nicht nachbesteuert werden. Zudem<br />
wollen wir die inländische Produktion<br />
von Edelbränden durch eine Ausbeutebesteuerung<br />
mit einem vergünstigten<br />
Steuersatz fördern. Wir unterstützen in<br />
dieser Frage die ständerätliche Lösung.<br />
Wie beurteilen Sie den Einfluss des Freihandelsabkommen<br />
mit China auf die<br />
Schweizer Landwirtschaft<br />
Mit dem, was wir als Verhandlungsergebnis<br />
bis jetzt gehört haben, könnten<br />
wir leben. Der Bundesrat hat zugesichert,<br />
dass die bisherigen Zugeständnisse<br />
im Rahmen der WTO Uruguay-Runde<br />
nicht durchbrochen werden. Die Zollansätze<br />
werden beibehalten und es werden<br />
keine zusätzlichen Ausserzollkontingente<br />
gewährt. Wir haben aber die<br />
Details des Abkommens noch nicht prüfen<br />
können und werden das Ergebnis<br />
noch eingehend analysieren. In der Folge<br />
werden wir uns unsere Meinung abschliessend<br />
bilden. Übrigens besuchte<br />
am 24. Mai der chinesische Ministerpräsident<br />
einen Bauernbetrieb im Kanton<br />
Zürich. Vor Ort waren neben der bundesrätlichen<br />
Delegation auch die Spitze<br />
des Bauernverbandes. Die chinesische<br />
Delegation war beeindruckt von der<br />
Schweizer Landwirtschaft. Unsere hohe<br />
Produktequalität, die Lebensmittelsicherheit,<br />
das Ausbildungssystem in der<br />
Landwirtschaft und die Leistungsfähigkeit<br />
unserer Bauernfamilien wurden positiv<br />
zur Kenntnis genommen.<br />
Der Landfrauenverband hat die Kampagne<br />
«Frau und Mann vom Land – Zusammenleben<br />
bewusst gestalten» gestartet,<br />
die auch der SBV mitträgt. Der Zusammenhalt<br />
zwischen Mann und Frau, aber<br />
auch zwischen den Generationen ist nicht<br />
mehr so stark wie früher. Gibt es Patentrezepte<br />
Wir finden die Kampagne gut und wissen<br />
um die grosse Bedeutung der Bäuerinnen<br />
für unsere Bauernfamilie und unsere<br />
Betriebe. Die Bäuerin ist das<br />
Zentrum, ist Herz und Seele, des Betriebs<br />
– das ist auch bei mir zu Hause so.<br />
Die Anerkennung dieser Leistung ist<br />
wichtig. Dies kann man nicht genug sagen.<br />
Die Stellung der Bäuerin wird in einem<br />
Bericht des Bundesrates umfassend<br />
reflektiert werden. Jede Familie muss ihr<br />
Modell für Wohnrecht und Stöckli finden.<br />
Für die einen harmoniert es im<br />
gleichen Haus mit zwei Wohnungen<br />
oder nebeneinander im Stöckli zu leben.<br />
Andere bevorzugen es, dass eine Generation<br />
ins Dorf zieht. Bei mir haben wir<br />
uns mit den unterschiedlichen Generationen<br />
auf gemeinsame Ziele geeinigt,<br />
der Weg zum Ziel war und ist für jeden<br />
ein wenig anders. Dies hat sich im Alltag<br />
bewährt. Wenn alle einen Gestaltungsspielraum<br />
haben, ist dies sehr motivierend.<br />
Gegenseitiges Vertrauen und positive<br />
Rückmeldungen tun das übrige.<br />
Eine Frage, die viele Gemüter bewegt ist<br />
die Situation der Verdingkinder. Der SBV<br />
hat sich offiziell entschuldigt. Bundesrätin<br />
Sommaruga hat einen runden Tisch<br />
vorgeschlagen – wird sich der SBV daran<br />
beteiligen, sofern er zustande kommt<br />
Wir haben uns für Unrecht, das geschehen<br />
ist, entschuldigt. Der SBV ist sich<br />
bewusst, dass die Verdingkinder in unterschiedlichen<br />
Verhältnissen aufgewachsen<br />
sind, und ist bereit, am runden<br />
Tisch teilzunehmen. Themen sind die<br />
historische Aufarbeitung, aber auch die<br />
Frage der Entschädigungen, beispielsweise<br />
die Schaffung eines Härtefallfonds<br />
durch den Bund, wo heutiges Leid, das<br />
aus der damaligen Zeit entstanden ist,<br />
zu mildern versucht wird. Es braucht faire<br />
Diskussionen basierend auf korrekten<br />
und seriösen Fakten.<br />
Danke für das Gespräch.<br />
Interview Daniela Clemenz,<br />
<strong>UFA</strong>-<strong>Revue</strong>, 8401 Winterthur<br />
www.ufarevue.ch 6 · 13<br />
<strong>UFA</strong>-REVUE · 6 2013 13