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NUTZTIERE<br />
Hühner zwischen Tradition<br />
und Moderne<br />
HABEN ALTE GEFLÜGELRASSEN ZUKUNFT Die Erhaltung der Vielfalt ist<br />
heute den Hobbyzüchtern vorenthalten, während sich die wirtschaftliche Geflügelzucht<br />
auf wenige effiziente Rassen beschränkt.<br />
Holger<br />
Schellschmidt<br />
Bereits um 1900 entbrannte eine<br />
internationale Diskussion über die<br />
Perspektive der Wirtschafts- und<br />
Rassegeflügelzucht. Beide Seiten<br />
verfolgten damals das gleiche Ziel. Es<br />
galt neben der Wirtschaftlichkeit auch<br />
die einheitliche Optik der Rassen weiter<br />
zu vervollkommnen. Individueller Ehrgeiz<br />
oder der kollektive Wille, neue,<br />
bessere Varianten hervorzubringen,<br />
sorgten zudem schon seit Mitte des 19.<br />
Jahrhunderts für eine merkliche Erweiterung<br />
der Rassepalette.<br />
Hybrid versus Allzweckhuhn In<br />
der wirtschaftlichen Geflügelzucht ist<br />
die Zahl der gezüchteten Rassen auf<br />
sehr wenige zusammengeschmolzen.<br />
Zudem werden vorwiegend Inzuchtlinien<br />
gehalten, die bei einer Kreuzung die<br />
gewünschten Hybride hervorbringen. In<br />
Hochleistungszuchtlinien wird aus 2kg<br />
Futter ein Gesamtgewicht von über 1kg<br />
Eier erzielt. Moderne Mastpoulets benötigen<br />
unter 1.7 kg Futter pro Kilogramm<br />
Zuwachs.<br />
Marketing über Rassenamen<br />
Erhalten haben sich auch bei Händlern<br />
vielfach populäre Namen wie Leghorn,<br />
New Hampshire oder Sussex. Die so bezeichneten<br />
Tiere haben oft nichts mehr<br />
mit der eigentlichen Rasseidee zu tun.<br />
Der Erhalt der traditionsreichen Rassen<br />
wird fast ausschliesslich von Hobbyhaltern<br />
betrieben und die Vielfalt an Formen<br />
und Farben ist vor allem international<br />
kaum überschaubar. Dennoch<br />
gelingt es, Raritäten zu erhalten. Auf europäischer<br />
Ebene wurde eine Rote Liste<br />
bedrohter Rassen erstellt, die – umfangreich<br />
wie sie ist – zahlreiche ehemalige<br />
Wirtschaftsrassen, besonders aus den<br />
südeuropäischen Ländern aufführt. Die<br />
Minorka galten zum Beispiel einst als<br />
hervorragende Lieferanten grosser weisser<br />
Eier und die Dorking sind durch ihre<br />
massige Erscheinung der Prototyp heutiger<br />
Fleischrassen. Interessanterweise<br />
haben sich während der Entwicklung<br />
der Wirtschaftsgeflügelzucht im vorigen<br />
Jahrhundert zahlreiche Züchtungen entwickelt,<br />
die obgleich ihrer Leistungsfähigkeit<br />
keine andauernde Popularität<br />
erlangten und schnell wieder verschwanden.<br />
Weder wirtschaftlich interessant<br />
noch optisch ansprechend gingen<br />
sie verloren oder in späteren Rassen<br />
auf.<br />
Zweinutzungslinien Einige Zuchtrichtungen<br />
haben sich etabliert, bei denen<br />
das Geschlecht der Tiere keine Rolle<br />
spielt. Diese Zuchtlinien basieren ursprünglich<br />
auf Zweinutzungslinien, die<br />
vornehmlich in Nordamerika entwickelt<br />
wurden. Noch heute werden solche originären<br />
Züchtungen als Rassehühner<br />
geschätzt. Wyandotten, Plymouth<br />
Rocks, Rhodeländer und New Hampshire<br />
sind die wohl bekanntesten Rassen.<br />
Die Legeleistung und ein geräumiger<br />
Schlachtkörper gleichermassen<br />
galten bei allen als Zuchtziel. Vitalität<br />
und Frohwüchsigkeit waren die vordringlichsten<br />
Selektionskriterien. Besonders<br />
in den Niederlanden und in<br />
Grossbritannien wurde auf möglichst<br />
dunkelbraune Eier viel Wert gelegt und<br />
Bresse-Gauloise<br />
(2,5 – 3 kg, 2 – 2,5 kg)<br />
kommen in Weiss, Blau,<br />
Schwarz und Silber-<br />
Schwarzgeflockt vor und<br />
sind speziell für ihre<br />
Mastfähigkeit bekannt.<br />
Sie legen jedoch auch<br />
60 g schwere Eier.<br />
Welsumer<br />
(2,75 – 3,25 kg,<br />
2 – 2,5 kg) sind für ihre<br />
160 dunkelbraunen Eier<br />
(Ø 65 g) bekannt, geben<br />
aber auch einen<br />
stattlichen Braten ab.<br />
Ganz neu sind die Perl -<br />
grau-Orangefarbigen.<br />
Faverolles<br />
(3.5 – 4 kg,<br />
2,8 – 3,5 kg) werden<br />
für ihr kurzfaseriges<br />
Fleisch sehr geschätzt<br />
und liefern darüber<br />
hinaus etwa 150<br />
hellgelbe bis bräun liche<br />
Eier (Ø 55 g).<br />
Eulenbarthühner<br />
(2,2 – 2,5 kg,<br />
1,6 – 1,8 kg) sind eine<br />
alte und leider seltene<br />
niederländische Rasse<br />
mit wenig Kammbildung<br />
und Bart. Sie legen<br />
160 rein weisse Eier<br />
(Ø 55 g).<br />
New Hampshire<br />
(3 – 3,5 kg,<br />
2,25 – 2,7 kg) werden<br />
traditionell sowohl in<br />
Goldbraun als auch in<br />
Weiss gezüchtet. Die<br />
Blau-Goldbraunen<br />
wurden erst jüngst<br />
erzüchtet.<br />
New Hampshire in<br />
Goldbraun<br />
(3 – 3,5 kg,<br />
2,25 – 2,7 kg) wurden<br />
als Zweinutzungshuhn<br />
in den USA erzüchtet<br />
und legen etwa 220<br />
braune Eier (Ø 55 g)<br />
im ersten Jahr.<br />
80 6 2013 · <strong>UFA</strong>-REVUE