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Fahrten des Kolumbus

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3. Ging man von den unbewiesenen Annahmen eines Ptolemaios aus bzw. von der<br />

Toscanelli-Karte, so betrug der Abstand immer noch rund 10 000 km – auch das zu<br />

weit für eine Handelsroute.<br />

Wenn man somit die „Machbarkeit“ als Entscheidungskriterium heranzog, mußte man<br />

den Plan <strong>des</strong> <strong>Kolumbus</strong> ablehnen.<br />

Andererseits konnte man aber auch eine „Kosten-Nutzen-Abschätzung“ durchführen:<br />

Im ungünstigsten Falle verlor man drei (gebrauchte) Schiffe nebst Mannschaft (etwa 60<br />

Mann) - im Erfolgsfalle waren dagegen gewaltige Gewinne zu erwarten. Im „Vertrag<br />

von Alcácovas“ (1479) hatte Spanien den Portugiesen alle Rechte an der Nutzung der<br />

afrikanischen Küste zugestanden, ferner das Handelsmonopol mit Indien entlang der<br />

afrikanischen Küste – als Gegenleistung hatte Spanien die Kanaren erhalten. Wenn <strong>Kolumbus</strong><br />

Erfolg haben sollte, konnte man dieses portugiesische Handelsmonopol legal<br />

umgehen. Von daher war es durchaus sinnvoll, dem Plan <strong>des</strong> <strong>Kolumbus</strong> zuzustimmen,<br />

zumal man in der Person <strong>des</strong> <strong>Kolumbus</strong> einen „Dummen“ gefunden hatte, der das Risiko<br />

einer solchen Reise auf sich nehmen wollte und der nicht nur den nötigen Elan besaß,<br />

sondern auch die nötige Ausdauer und sicherlich auch die erforderlichen nautischen<br />

Kenntnisse. Seine gewaltigen Forderungen zeigten überdies, daß er sich seiner Sache<br />

sehr sicher war – vermutlich verfügte er über zusätzliche Informationen – aber seine<br />

Forderungen kosteten nichts: Sie sollten nur im Erfolgsfalle gelten und waren im Wesentlichen<br />

ideeller Natur; selbst die finanziellen Forderungen (s.u.) bezogen sich nur auf<br />

die zu erwartenden Gewinne.<br />

Warum benötigte dann aber diese Kommission über vier Jahre um eine Entscheidung zu<br />

fällen? Die Gründe sind nicht überliefert, aber es genügt ein wenig „politischer Menschenverstand“,<br />

um die Gründe zu erahnen: <strong>Kolumbus</strong> hatte mit seinem Plan, ohne es zu<br />

wollen, am Spanischen Hofe ein „machtpolitisches Erdbeben“ ausgelöst.<br />

Die Herrscher der damaligen Zeit hatten mangels Infrastruktur noch keinen „direkten<br />

Durchgriff“ auf ihre Untertanen. Um ihrem Willen Geltung zu verschaffen, waren sie<br />

auf die Kooperation und Loyalität ihrer Granden und Würdenträger angewiesen, die<br />

gewissermaßen als „Transmissionsriemen der königlichen Macht“ fungierten. Die<br />

Loyalität und Kooperationsbereitschaft dieser Personengruppe galt es durch Ehrenbezeugungen<br />

– das war besonders kostengünstig – oder durch materielle Zuwendungen<br />

immer wieder sicherzustellen. Man bedenke, daß diese Personen den größten Teil der<br />

„Steuern“ zahlten (die Auslagen holten sie sich natürlich bei der ihnen unterstellten Bevölkerung<br />

zurück) und daß sie es waren, die im Kriegsfalle die Truppenkontingente<br />

stellten! Ein Herrscher hatte somit alle Hände voll zu tun, dieses unübersichtliche „Planetensystem<br />

von Hoftrabanten“ im Auge zu behalten, dafür zu sorgen, daß es zwischen<br />

diesen „Trabanten“ zu keinen Zusammenstößen kam, daß keiner von seiner „Bahn“<br />

abwich und daß keiner dieser Machtträger allzu mächtig wurde. Herrschen setzte somit<br />

ein viel höheres Maß an Menschenführung voraus als heute, denn die Machtausübung<br />

beruhte wesentlich auf persönlichen Beziehungen zwischen Herrscher und Würdenträgern.<br />

Es ist klar, daß ein solches Beziehungsgeflecht ständig neu stabilisiert werden<br />

mußte und zugleich gegenüber äußeren Störungen äußerst empfindlich war.<br />

Was hätte nun eine erfolgreiche „Westfahrt“, also die Aufnahme von Handelsbeziehungen<br />

mit Ostasien, für die Machtbalance am Spanischen Hofe bedeutet? Es hätten sich<br />

mit Sicherheit zumin<strong>des</strong>t die folgenden Machtverschiebungen ergeben:

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