27.11.2012 Aufrufe

Fahrten des Kolumbus

Fahrten des Kolumbus

Fahrten des Kolumbus

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

94<br />

gelschiffe. Küstenstriche in derjenigen Gegend, in der <strong>Kolumbus</strong> sie vermutete, konnten<br />

unmöglich zu Ostasien gehören! Diese Überlegungen waren den Portugiesen mit Sicherheit<br />

bekannt, und auch <strong>Kolumbus</strong> muß derartige Überlegungen angestellt haben –<br />

schließlich war er ein erfahrener Seemann!<br />

Wir können dem Leser an dieser Stelle nur mit einer recht allgemeinen Überlegung dienen:<br />

Wenn im Kopfe einer Person eine Idee Gestalt annimmt, so pflegen zugleich auch<br />

Zweifel und innerer Abstand zu dieser Idee zu wachsen. Erst wenn im Laufe einer inneren<br />

Auseinandersetzung sich eben diese Idee immer wieder als brauchbar erweist, vielleicht<br />

gestützt durch weitere Beobachtungen oder Ereignisse, wird die Idee schließlich<br />

subjektiv als „tragfähig“ akzeptiert. Wenn aber schon in einem sehr frühen Stadium eine<br />

Beobachtung oder ein Ereignis die neue Idee „schlagend“ zu beweisen scheint, wird das<br />

Stadium der inneren Auseinandersetzung übersprungen und die Idee wird subjektiv als<br />

„zweifelsfrei richtig“ akzeptiert; Zeitgenossen pflegen eine derartige Idee gewöhnlich<br />

als „fixe Idee“ kopfschüttelnd zu belächeln. Offenbar muß irgendein Ereignis <strong>Kolumbus</strong><br />

während seines Aufenthaltes in Portugal so beeindruckt haben, daß er jede Kritik an<br />

seiner „Ostasien-These“ verlor. Geheiminformationen können es nicht gewesen sein,<br />

denn dann hätte er seinen Plan nicht ausgerechnet König João II. vorgelegt. Auch<br />

Treibholzfunde, wie sie auf Porto Santo sicherlich <strong>des</strong> öfteren gemacht wurden, reichen<br />

als Erklärung nicht aus, denn sie hätten nur die Existenz einer fremden Küste nahegelegt,<br />

nicht jedoch die Identifizierung dieser Küste mit Ostasien. Vielleicht war es ein<br />

kleiner angetriebener Kunstgegenstand, den <strong>Kolumbus</strong> als „typisch asiatisch“ einstufte?<br />

Wir werden die Wahrheit niemals erfahren, und so wollen wir auch nicht weiterspekulieren.<br />

Da die Überlieferung äußerst dürftig ist, sind wir hinsichtlich der Aktivitäten, die <strong>Kolumbus</strong><br />

in Portugal entfaltete, auf Vermutungen angewiesen, aber man darf davon ausgehen,<br />

daß <strong>Kolumbus</strong> während seines Aufenthaltes in Portugal zweckdienliche Kontakte<br />

knüpfte und etliche Gespräche mit Fachleuten der Krone führte. Anders ist es gar<br />

nicht zu erklären, daß er 1483/84 Gelegenheit bekam, der Krone seinen Plan einer<br />

„Westfahrt“ formell vorzulegen. Diese Gespräche müssen für beide Seiten nervenzerrend<br />

gewesen sein: Auf der einen Seite <strong>Kolumbus</strong>, der seine Thesen mit fadenscheinigen<br />

Argumenten vertreten muß, da er seine wahren Quellen nicht nennen will, auf der<br />

anderen Seite der Vertreter der Krone, der – nach unserer Hypothese – genau weiß, daß<br />

<strong>Kolumbus</strong> recht hat, dieses aber nicht zugeben kann. Zudem war die Portugiesische<br />

Krone, wenn unsere Hypothese richtig ist, natürlich bestrebt in Erfahrung zu bringen,<br />

was <strong>Kolumbus</strong> wirklich wußte und was er nur vermutete; zugleich wollte man sicherlich<br />

auch herausfinden, ob es möglicherweise am Hofe eine „undichte Stelle“ gab. Aber wer<br />

Fragen stellt, gibt auch eigenes Wissen preis, und so muß <strong>Kolumbus</strong> allmählich gemerkt<br />

haben, daß die Portugiesen Teile der gegenüber gelegenen Küsten kannten.<br />

Nachdem <strong>Kolumbus</strong> König João II. seinen Plan einer „Westfahrt“ vorgelegt hatte, setzte<br />

dieser eine dreiköpfige Kommission aus Fachleuten ein (die Namen sind bekannt), welche<br />

die Erfolgsaussichten eines solchen Unternehmens prüfen sollten. Das Ergebnis war<br />

negativ, und so wurde der Plan einer „Westfahrt“, nachdem er zusätzlich auch noch dem<br />

Kronrat vorgelegt worden war, endgültig abgelehnt. Die Argumente für die Ablehnung<br />

sind nicht überliefert, aber sie lassen sich erschließen: Der Abstand zwischen dem Persischen<br />

Golf und China konnte wegen der offensichtlich bestehenden moslemischen<br />

Handelskontakte nicht „allzu“ groß sein (s.o.). Bei Landmassen 4000 km westlich der<br />

Kapverden konnte es sich folglich unmöglich um Ostasien handeln.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!