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Fahrten des Kolumbus

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wäre doch sehr befremdlich gewesen. Und so bleibt nur eine Lösung <strong>des</strong> Problems: Er<br />

„monopolisiert“ die Entdeckungsfahrten, indem er selbst unermüdlich die Karibik<br />

durchquert, und zugleich sollen seine Brüder dafür sorgen, daß niemand anderes „Westfahrten“<br />

unternimmt, denn „kein China = kein Japan“, so einfach ist die Gleichung!<br />

Allerdings unterschätzt <strong>Kolumbus</strong> den Realitätssinn <strong>des</strong> spanischen Königspaares, denn<br />

während er sich zeitlebens müht, seine Sicht der Dinge durchzusetzen, haben die „Katholischen<br />

Majestäten“ den „Seeweg nach Indien“ schon nach der ersten Reise ad acta<br />

gelegt und gehen nun daran, die neuen Entdeckungen langfristig zu nutzen.<br />

Am 12.Juni 1494, <strong>Kolumbus</strong> hat fast die Westspitze Kubas erreicht, kommt es dann zu<br />

einer geradezu grotesken Szene; wir geben hier die Darstellung MADARIAGAS<br />

(S.360).<br />

Am 12. Juni, also am Vorabend seines Entschlusses zur Umkehr, nahm Colón eine Handlung<br />

vor, die genau dem Stil Don Quijotes entsprach: er zwang die drei Schiffsbesatzungen, mit ihrem<br />

Eid zu bekräftigen, daß Kuba das Festland sei. Fernando Perez de Luna, der Amtsschreiber aus<br />

Isabella, begleitete damals als Schreiber die Flotte. Der Admiral trug ihm nun auf, einen nach<br />

dem anderen zu befragen: Steuerleute, Offiziere und Matrosen, nicht zu vergessen die Schiffsjungen.<br />

Sie alle sollten sagen, „ob sie den geringsten Zweifel daran hätten, daß dieses Land das<br />

Festland sei und daß hier Indien anfange und ende; wer immer auch wolle, der könne von hier<br />

aus zu Lande nach Spanien gelangen. Falls irgend jemand daran zweifle oder aus eigenem Wissen<br />

noch etwas dazu beitragen könne, so solle er es offen aussprechen. Er wolle es auf sich nehmen,<br />

sie von diesem Zweifel zu befreien und ihnen zeigen, daß alles, was er sage, auch zutreffe<br />

und daß dies Festland sei“. Alle mußten dann den Eid leisten, und schwere Strafen drohten demjenigen,<br />

der auch nur ein einziges Mal „später zu irgendwelcher Zeit das Gegenteil von dem sagen<br />

werde, was er jetzt ausgesagt habe“; für diesen Fall waren Geldstrafen von zehntausend Maravedis<br />

vorgesehen (und für die Schiffsjungen hundert Peitschenhiebe). Es wurde sogar angedroht,<br />

daß ihnen bei solchem Verstoß die Zunge abgeschnitten würde. Alle schworen und waren<br />

einverstanden mit dem, worum man sie bat; alle, selbst Juan de la Cosa, der „ein Meister im<br />

Kartenzeichnen“ war. Er muß sich bei dieser Szene bestimmt wie im Tollhaus vorgekommen<br />

sein. Kurzum, es war genau dasselbe wie bei Don Quijote, als er alle mit Lanze und Schwert bedrohte,<br />

die nicht anerkennen wollten, daß Dulcinea die herrlichste Schöne auf der ganzen Welt<br />

sei. Genau wie bei Don Quijote, taten ihm alle gern diesen Gefallen, um ihres Weges weiterziehen<br />

zu können.<br />

Soweit MADARIAGA, aber es läßt sich für dieses Ereignis, das ja eine Vorgeschichte<br />

haben muß, auch eine ganz andere Erklärung geben: Die Fahrt entlang der Südküste<br />

Kubas war wegen der zahlreichen Untiefen äußerst mühsam und zugleich gefährlich;<br />

<strong>Kolumbus</strong> berichtet, daß die Schiffe gelegentlich sogar an Tauen durch schmale Passagen<br />

gezogen werden mußten. Jede Flaute, erst recht auflandige Winde, konnten die<br />

Schiffe zum Stranden bringen. Man darf also vermuten, daß Meuterei in der Luft lag,<br />

genauer, daß die Mannschaften, die damals noch in kritischen Situationen ein gewisses<br />

Mitspracherecht hatten, sich zu weigern begannen, weiterzufahren. Zugleich wurde<br />

vermutlich auch die Frage gestellt, warum man denn nicht einfach nach Westen segelte,<br />

statt Entdeckungsfahrten in einer zwar landschaftlich schönen, jedoch nutzlosen Inselwelt<br />

zu unternehmen. Aber genau diese „Westfahrten“ wollte <strong>Kolumbus</strong> verhindern und<br />

zugleich wollte er den Glauben an das „reiche Japan“ aufrecht erhalten. Und so entschließt<br />

er sich, aus seiner mehr oder weniger erzwungenen Umkehr – er wollte offenbar<br />

ursprünglich Kuba umsegeln – den größtmöglichen Nutzen zu ziehen: Er erklärt<br />

Kuba zu einer (abgelegenen) Halbinsel <strong>des</strong> asiatischen Festlan<strong>des</strong> und schlägt auf diese<br />

Weise zwei Fliegen mit einer Klappe: Der Ruf nach einer „Westfahrt“ ist vom Tisch –<br />

man hat ja das asiatische Festland erreicht – und im Inselbogen der Antillen muß folglich<br />

das „reiche Japan“ verborgen sein, schließlich ist dieser Inselbogen, genau, wie es<br />

Marco Polo beschreibt, dem asiatischen Festland, das man soeben gefunden hat, vorgelagert.<br />

Aber er unternimmt auch nie eine energische Suche nach dem „reichen Japan“,

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