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Fahrten des Kolumbus

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Entscheidend ist jedoch das folgende Argument: Etliche Mannschaftsmitglieder waren<br />

mit Sicherheit in der Lage, aus Geschwindigkeit und Zeit die tatsächlich abgelaufene<br />

Distanz selbst zu berechnen, schließlich segelte man einen reinen Westkurs. <strong>Kolumbus</strong><br />

konnte es sich also gar nicht leisten, falsche Werte im ausgelegten Logbuch anzugeben.<br />

Hinzu kommt, daß diese Werte bei ruhigem Wetter auch mit den Kapitänen der Niña<br />

und Pinta ausgetauscht wurden, und spätestens dann wäre die Diskrepanz aufgefallen.<br />

Außerdem hätte eine solche Abweichung <strong>Kolumbus</strong> viel Autorität gekostet – man stelle<br />

sich einmal vor, es wird ruchbar, daß sich der Chef einer Flottille Tag für Tag um 15<br />

Prozent und mehr „vertut“! Das aber bedeutet: Die offiziell ausgelegten Distanzen müssen<br />

die richtigen Distanzen gewesen sein – was hatte es dann aber mit den Distanzen<br />

<strong>des</strong> geheimen Logbuches auf sich? Schließlich wollte sich ja <strong>Kolumbus</strong> nicht selbst betrügen!<br />

40 N<br />

Golfstrom<br />

Azoren<br />

20 N Kanarenstrom<br />

0 N<br />

Nordäquatorialstrom<br />

Kapverden<br />

Südäquatorialstrom<br />

Abb. 46 Strömungssysteme <strong>des</strong> nördlichen Atlantik<br />

Auf diese Frage gibt es, unserer Meinung nach, nur eine plausible Antwort: Im „offiziellem“<br />

Logbuch gab <strong>Kolumbus</strong> die direkt gemessenen Distanzen an, d.h. die Gißorte<br />

ohne Stromversetzung; die „geheimen“ Distanzen sind dagegen die Gißorte mit Stromversetzung.<br />

Das aber bedeutet: <strong>Kolumbus</strong> nahm an, daß er von einer westlichen Strömung<br />

zusätzlich vorangetrieben wurde. Wie aber konnte er das wissen? Wir haben in<br />

Kapitel 2 gesehen, daß es durch reine Koppelnavigation auf hoher See grundsätzlich (!)<br />

unmöglich ist, eine Stromversetzung festzustellen. Nur wenn man den Gißort mit dem<br />

„wahren Standort“ vergleichen kann, ist es möglich, die Stromversetzung nachträglich<br />

zu ermitteln – aber das setzt die Fähigkeit voraus, nicht nur die geographische Breite,<br />

sondern auch die geographische Länge auf See zu ermitteln, und das war erst mehr als<br />

250 Jahre später möglich. <strong>Kolumbus</strong> muß also diese Westströmung gekannt haben, und<br />

das wiederum konnte er nur von den Portugiesen wissen. Woher aber kannten die Portugiesen<br />

diese Strömung, ihre Richtung und ihre Geschwindigkeit? Die einzige Erklärung<br />

ist, daß die Portugiesen die Küste Südamerikas nicht nur erreicht, sondern auch<br />

deren geographische Länge ermittelt hatten. Aus der „gegißten“ Distanz und der wahren<br />

Distanz ergab sich dann die Geschwindigkeit der Westströmung von selbst. Jeder Leser,<br />

der diese Überlegungen für phantastisch hält, möge eine andere Erklärung für die oben

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