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Um die Ozeane zielgerichtet zu befahren sind also, wie wir gesehen haben, besondere<br />
Karten bzw. Kartenprojektionen erforderlich, denen letztlich die mathematischen Gesetze<br />
der Kugelgeometrie zu Grunde liegen; zugleich wird deutlich, daß Plattkarten für<br />
derartige Zwecke unbrauchbar sind. Waren diese Probleme und Einschränkungen den<br />
potugiesischen Fachleuten der Entdeckerzeit schon bekannt? Die direkte Überlieferung<br />
ist zwar sehr lückenhaft, aber wiederum helfen wohlbelegte Fakten aus Nachbarwissenschaften<br />
weiter.<br />
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Abb. 14 Azimutnetz der Portolankarten. Der Hilfskreis wurde gewöhnlich nachträglich<br />
entfernt.<br />
Im 5.Jahrhundert n.Chr. kamen im syrisch-persischen Raum sogenannte „Astrolabien“<br />
auf, Geräte, die man als drehbare Sternenkarten aber auch als astronomische Rechenscheiben<br />
betrachten kann. Vor einem auswechselbaren Hintergrund, der die sichtbare<br />
Himmelshalbkugel nebst Horizont wiedergibt (die Spinne), eingeteilt in Höhenkreise<br />
und Azimutlinien, ist eine durchbrochene Scheibe angeordnet (die Rete), deren Zackenspitzen<br />
helle Sterne darstellen. Stellt man durch Drehen der Rete am Rande Datum und<br />
Ortszeit ein (wie dies zu geschehen hat, sei hier nicht näher erläutert), so lassen sich die<br />
momentanen Positionen der dargestellten Sterne (Höhe über dem Horizont, Azimut)<br />
sehr exakt ablesen. Ferner liefert ein solches Gerät die Auf- und Untergangspositionen<br />
von Sonne und Fixsternen, dazu die Auf- und Untergangszeiten, und es kann sogar, bei<br />
bekannter Sonnen- oder Sternenhöhe, als Uhr dienen, welche die Ortszeit recht genau<br />
anzeigt. SCHROEDER (Praktische Astronomie für Sternenfreunde), erläutert die Theorie,<br />
die praktische Konstruktion und die Anwendung dieser Geräte sehr detailliert.<br />
Für die Konstruktion der erforderlichen Gradnetze eines Astrolabiums kommt man zwar<br />
mit Zirkel und Lineal aus, allerdings setzt die der Konstruktion zu Grunde liegende<br />
Theorie sehr profunde Kenntnisse der Eigenschaften der „stereographischen Projektion“<br />
voraus, die im 2.vorchristlichen Jahrhundert von der Alexandrinischen Schule entwickelt<br />
und untersucht worden war; insbesondere benötigt man deren Invarianzeigenschaften<br />
(Kreistreue, Winkeltreue im Kleinen). Die Erfinder dieser Geräte müssen folglich<br />
sehr umfassende Kenntnisse der Kugelgeometrie besessen haben, und da derartige