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Fahrten des Kolumbus

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spitze Afrikas nun nach Norden vorzustoßen, und auch <strong>Kolumbus</strong> bekommt auf seiner<br />

ersten Reise entsprechende Probleme. Erst viel später, auf den großen, mit einer vielköpfigen<br />

Mannschaft vollgestopften Segelschiffen, die zudem viele Monate unterwegs<br />

waren oder aber monatelang Blockadedienst leisten mußten, wurde der Kapitän zu einem<br />

gottgleichen Wesen, das nicht selten sogar noch vor Gott kam. Nur so ließ sich die<br />

Disziplin aufrecht erhalten, unterstützt von einem per Heuervertrag verbrieften Recht<br />

auf ein tägliches nicht unerhebliches Quantum Rum (hochprozentig, kein Rumverschnitt,<br />

wie wir ihn kennen).<br />

Wie verträgt sich aber diese Angst vor der Umschiffung von Kap Bojador mit der Tatsache,<br />

daß schon 1336 die Kanaren, 1419 Madeira und 1420 die Azoren entdeckt wurden,<br />

während Kap Bojador erst 1434 bezwungen werden konnte? Offenbar hatten die<br />

Seeleute der damaligen Zeit keine Hemmungen, westwärts auf den Atlantik zu segeln<br />

und sich mehrere tausend Kilometer von ihrer Heimat zu entfernen.<br />

Dieser Widerspruch läßt sich sehr einleuchtend erklären: Die Südhalbkugel der Erde,<br />

die bei Kap Bojador begann (ca. 27 0 N), war damals buchstäblich „Terra incognita“ –<br />

wir wissen heute über die fernen Monde <strong>des</strong> Jupiters bedeutend mehr als die Menschen<br />

um 1400 von der Südhalbkugel der Erde; um einen Vergleich zu bemühen: Eine Reise<br />

zu den Azoren entsprach nach den Maßstäben <strong>des</strong> 20.Jahrhunderts einer Reise zum<br />

Mond – eine solche Reise ist gefährlich, aber die Risiken sind bekannt und weitgehend<br />

beherrschbar. Eine Reise zur Südhalbkugel entsprach dagegen, nach heutigen Maßstäben,<br />

einer Expedition zu einem fernen Planeten, von dem bekannt ist, daß dort für Menschen<br />

lebensfeindliche Bedingungen herrschen und von dem man aus guten Gründen<br />

annehmen muß, daß er von bösartigen Aliens besiedelt ist. Die <strong>Fahrten</strong> entlang der afrikanischen<br />

Küste hatten ja tatsächlich bestätigt, daß das Klima zum Äquator hin immer<br />

heißer wurde, zudem waren die Küsten menschenleer und unwirtlich. Außerdem fürchteten<br />

die Seefahrer Meeresungeheuer, und auch diese Furcht war durchaus real: Von<br />

Deck eines 200 Meter langen Kreuzfahrtschiffes aus betrachtet sind Wale eher possierliche<br />

Meerestiere, aber die Karavellen der Portugiesen waren gerade einmal 20 Meter<br />

lang, und das entsprach der Länge eines ausgewachsenen Pottwales, von den Ausmaßen<br />

eines Blauwales einmal ganz zu schweigen. Zudem stammten sowohl die größten Tiere,<br />

nämlich Elefanten, als auch die gefährlichsten Raubtiere, nämlich Löwen, aus äquatornahen<br />

Ländern – warum sollte dies nicht auch für Meerestiere gelten? Bedenkt man<br />

ferner, daß sicherlich auch schon damals gelegentlich Reste von geheimnisvollen Riesenkalmaren<br />

angeschwemmt wurden, so hatte die Furcht der Seeleute vor „Seeungeheuern“<br />

nichts „mittelalterliches“ an sich – die Furcht war durchaus begründet!<br />

Das Fortschreiten der Entschleierung der afrikanischen Westküste veranschaulicht Abbildung<br />

42. 1472 ist der innere Winkel der Guinea-Bucht erreicht, 1474 wird der Äquator<br />

überschritten, 1482 wird die Kongo-Mündung erkundet, 1486 erreicht man Cape<br />

Cross und 1488 umsegelt Diaz die Südspitze Afrikas; er nennt das Kap treffend „Cabo<br />

tormentoso“ („Kap der Stürme“), denn es liegt schon innerhalb <strong>des</strong> Westwindgürtels;<br />

João II. benennt es dann nachträglich in „Cabo da bona esperanza“ um („Kap der guten<br />

Hoffnung“); angemerkt sei, daß die eigentliche Südspitze Afrikas das Kap Agulhas ist.<br />

3.3.6. Die Hypothese portugiesischer Westfahrten<br />

Schaut man sich die Jahreszahlen von Abbildung 42 genauer an, so fällt auf, daß nach<br />

stetigen Fortschritten im Jahre 1446 die Forschungstätigkeit stagniert. Erst 1460, im

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