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Vorwort<br />
3<br />
Über <strong>Kolumbus</strong> sind schon viele tausend Bücher geschrieben worden, aber sie alle stützen<br />
sich hinsichtlich der Fakten notgedrungen auf lediglich zwei Quellen: Die Schriften<br />
Las Casas, der nach dem Tode <strong>des</strong> <strong>Kolumbus</strong> sein „Bordbuch“ und etliche briefliche<br />
Berichte herausgab, ferner auf die Biographie seines Sohnes Fernando. Über die Reisen<br />
<strong>des</strong> <strong>Kolumbus</strong> gibt es unabhängige Berichte von Teilnehmern, und es existieren auch<br />
einige Akten, Verträge und Rechnungen, welche die Angaben Las Casas und Fernandos<br />
punktuell bestätigen, aber letztlich sind alle Werke über <strong>Kolumbus</strong> Interpretationen<br />
<strong>des</strong> vorgegebenen begrenzten Faktenmateriales, ergänzt durch Exkurse über das damalige<br />
gesellschaftliche und politische Umfeld.<br />
Auch das vorliegende Buch ist in dieser Beziehung keine Ausnahme, aber es beschäftigt<br />
sich speziell mit den navigatorischen Taten <strong>des</strong> <strong>Kolumbus</strong> und mit den hieraus resultierenden<br />
Fragen: Wie konnte <strong>Kolumbus</strong> bei seiner ersten Fahrt den Abstand zwischen den<br />
Kanaren und Guanahani mit einem Fehler von nur wenigen Prozent ermitteln, obwohl<br />
er die Strömungen <strong>des</strong> Atlantiks gar nicht messen konnte? Warum suchte er nach seiner<br />
ersten Fahrt zunächst den König von Portugal auf und nicht das spanische Königspaar?<br />
Warum unternahm er niemals eine Westfahrt, um ernsthaft die Ostküste Chinas zu suchen?<br />
Warum weisen alle seine späteren <strong>Fahrten</strong> nach Süden? Warum untersuchte er<br />
nicht die Nordküste Südamerikas, obwohl er auf seiner dritten Fahrt selbst schreibt, er<br />
habe eine gewaltige Landmasse entdeckt? Warum kämpfte er um seine Privilegien, ohne<br />
von ihnen jemals materiellen Gebrauch zu machen? Und warum unternahm er überhaupt<br />
vier gefährlich <strong>Fahrten</strong>, statt sich nach der zweiten, auf der Höhe seines Ruhmes,<br />
in Spanien zur Ruhe zu setzen?<br />
Wir werden alle diese Fragen und noch einige weitere rätselhafte Verhaltensweisen mit<br />
nur einer einzigen einfachen und zudem plausiblen Hypothese beantworten, doch wir<br />
wollen nicht vorgreifen, um den Leser nicht die Freude zu verderben. Wir möchten den<br />
Leser aber auch warnen: Wir können nicht mit neuen Tatsachen aufwarten und dem<br />
gemäß auch keine neuen Wahrheiten verkünden! Der Leser wird vielmehr zum „Geschworenen“<br />
in einem „Indizienprozeß“, und wie in jedem Indizienprozeß sind nicht die<br />
Indizien selbst strittig, wohl aber die Interpretationen derselben. Es genügt daher nicht,<br />
unsere Argumente nachzuvollziehen, vielmehr muß der Leser unsere Argumente schon<br />
selbst gewichten und ihre Schlüssigkeit im Zusammenhang selbst bewerten!<br />
Um dem Leser eine fundierte Auseinandersetzung mit unseren Argumenten zu ermöglichen,<br />
zeigen wir in Kapitel 1, welche Kenntnisse über Gestalt und Größe der Erde bei<br />
den Gebildeten <strong>des</strong> 15.Jahrhunderts, mit denen sich <strong>Kolumbus</strong> ja auseinandersetzen<br />
mußte, vorhanden waren.<br />
In Kapitel 2 geben wir einen Abriß der Navigationsmethoden, wobei wir ganz bewußt<br />
auch die Jahrhunderte nach <strong>Kolumbus</strong> behandeln, denn es genügt nicht zu wissen, über<br />
welche Möglichkeiten <strong>Kolumbus</strong> verfügte, es ist vielmehr genau so wichtig zu wissen,<br />
welche Methoden <strong>Kolumbus</strong> ganz bestimmt nicht zur Verfügung standen, denn wenn<br />
<strong>Kolumbus</strong> Taten vollbringt, die zu seiner Zeit unmöglich waren, so stellt sich die Frage,<br />
woher er das zusätzliche Wissen hatte.<br />
In Kapitel 3 beleuchten wir die Entdeckungsfahrten der Portugiesen und die politischen<br />
Intentionen hinter diesen Aktivitäten, wobei wir und auf die vorzügliche zusammenfassende<br />
Darstellung SALENTINYS stützen. Dieses Kapitel dient nicht nur dazu, die Ta-