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für die Seeleute der Entdeckerzeit war dies<br />
jedoch schwieriger, denn sie mußten verschiedene<br />
Fälle unterscheiden (nördliche<br />
und südliche Deklinationen, nördliche und<br />
südliche Breiten). Eine übersichtliche Rechenanweisung,<br />
zusammen mit den erforderlichen<br />
Sonnendeklinationen, wurde ihnen<br />
im „Regimento do Astrolabio“ gegeben.<br />
Da bei Südfahrten der Polarstern<br />
schon ab etwa 10 Grad Nord unsichtbar<br />
wird, waren Breitenbestimmungen nur<br />
noch mit dem Seeastrolabium möglich,<br />
zumal es der Jacobsstab nicht ermöglicht,<br />
Sonnenhöhen von mehr als etwa 30 Grad<br />
verläßlich zu ermitteln.<br />
Mit der Entwicklung verläßlicher Taschenuhren<br />
– Chronometer waren nicht<br />
erforderlich – ging man im 19.Jahrhundert<br />
dazu über, die geographische Breite aus<br />
zwei Sonnenstandsmessungen herzuleiten,<br />
die zu beliebigen Zeiten vormittags und<br />
nachmittags durchgeführt wurden (Nebenmeridianmethode);<br />
für die Auswertung<br />
wurde lediglich die Zeitdifferenz benötigt,<br />
die sich mit jeder guten Taschenuhr messen<br />
ließ. Wurden die Zeiten mit einem<br />
Chronometer genommen, das die GMT<br />
anzeigte, konnte gleichzeitig auch die<br />
Länge bestimmt werden. Man war auf<br />
diese Weise wesentlich wetterunabhängiger,<br />
da man die Messungen beim Aufreißen<br />
der Bewölkung jederzeit durchführen<br />
konnte.<br />
40<br />
Abb. 32 Polarstern und Großer Wagen,<br />
grob schematisch. Die Stellung<br />
der vorderen Sterne gibt die Position<br />
<strong>des</strong> Polarsternes auf seinem Kreis<br />
um den Himmelsnordpol an. Gewöhnlich<br />
verwendete man die Sterne<br />
<strong>des</strong> Kleinen Wagens als Markierungssterne.<br />
Schon die Portugiesen waren folglich in der Lage, die geographische Breite eines Schiffes<br />
mit einer Genauigkeit von etwa ±1 Grad zu ermitteln entsprechend einer Genauigkeit<br />
von ±100 km in Nord-Süd-Richtung. Bei landgestützten Messungen lag die Genauigkeit<br />
bei etwa 0,1 Grad entsprechend ±10 km. Es ist überliefert, daß portugiesische<br />
Seefahrer den Auftrag hatten, die geographische Breite afrikanischer Küstenorte exakt<br />
zu bestimmen, und auch <strong>Kolumbus</strong> führte auf seiner ersten Fahrt ein „großes Astrolabium“<br />
mit, das offenbar demselben Zweck diente. Die überlieferten Werte sind allerdings<br />
so falsch, daß entweder Kopierfehler vorliegen müssen (die Original-Bordbücher sind<br />
nicht erhalten), oder aber es handelt sich um bewußt falsche Angaben.<br />
Die Bestimmung der geographischen Breite machte es nun auch möglich, Häfen an einer<br />
in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Küste gezielt anzusegeln (das Problem <strong>des</strong><br />
Kurswinkels war noch ungelöst; vgl. Abschnitt 2.3): Man segelte zunächst auf beliebigem<br />
Kurs den richtigen Breitenkreis an, dann folgte man dem Breitenkreis, bis man die<br />
Küste erreichte. Hatte man Glück, kam dann der gewünschte Hafen in Sicht, andernfalls<br />
mußte man sich an markanten Küstenpunkten orientieren und solange die Küste entlangsegeln,<br />
bis man den Hafen erreichte. Wie hier nicht weiter behandelt, standen ent-