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Damit stellen wir die folgende Hypothese auf, die wir der Übersichtlichkeit halber in<br />
vier Teilhypothesen gliedern:<br />
1. Zwischen 1446 und ca. 1460 unternahmen die Portugiesen mehrere gezielte<br />
Westfahrten.<br />
2. Sie erreichten die Nordküste Südamerikas, von der sie einen ganz erheblichen<br />
Teil erkundeten.<br />
3. Es wurde mit Hilfe der „Mondfinsternis-Methode“ eine recht brauchbare Längenbestimmung<br />
durchgeführt.<br />
4. Einige Inseln der südlichen Kleinen Antillen waren ihnen ebenfalls bekannt.<br />
Beweise für diese Hypothese gibt es nicht, aber das ist auch nicht nötig. Gelingt es nämlich,<br />
zahlreiche und möglichst unterschiedliche Probleme mit einer einzigen einfachen<br />
und zudem plausiblen Hypothese zu lösen, so dürfte die Hypothese der Wahrheit recht<br />
nahe kommen – und wir werden in Kapitel 4 und 5 sehen, daß sich eine ganze Reihe<br />
rätselhafter Verhaltensweisen <strong>des</strong> <strong>Kolumbus</strong> mit dieser einen Hypothese zwanglos erklären<br />
lassen.<br />
Zunächst aber wollen wir den folgenden Fragen nachgehen:<br />
1. Gab es in der fraglichen Zeit Mondfinsternisse, die für eine Längenbestimmung geeignet<br />
waren?<br />
2. Gibt es indirekte Hinweise für die Richtigkeit der obigen Hypothese?<br />
Die erste Frage wird durch die beigefügte Tabelle bejaht, welche die Daten totaler<br />
Mondfinsternisse zwischen 1440 und 1470 wiedergibt, die gleichzeitig in Lissabon und<br />
Trinidad beobachtet werden konnten (insbesondere der Beginn und das Ende der Totalität).<br />
07. 12. 1443<br />
28. 01. 1450<br />
03. 09. 1457 (Ende der Totalität an beiden Orten beobachtbar)<br />
28. 12. 1460<br />
22. 04. 1464<br />
04. 08. 1468<br />
(Gerechnet nach MONTENBRUCK-PFLEGER)<br />
Einen indirekten Hinweis auf die Richtigkeit unserer Hypothese gibt die Fahrt von Pining<br />
und Pothorst in Begleitung von João Vaz Corte Real im Jahre 1473, die wir nun<br />
etwas genauer betrachten müssen. Wir hatten weiter oben zunächst offen gelassen, ob es<br />
sich bei dieser Expedition um eine „Nordfahrt“ oder eine „Südfahrt“ gehandelt hatte.<br />
Nun unternahm in den Jahren 1500 und 1501 Gaspar Corte Real, ein Sohn Corte Reals,<br />
ausgestattet mit einem Patentbrief der Portugiesischen Krone, zwei weitere <strong>Fahrten</strong><br />
nach Grönland und zur amerikanischen Nordostküste. Von seiner zweiten Reise kehrte<br />
Gaspar nicht mehr zurück. Daraufhin führte Miguel, ein weiterer Sohn Corte Reals, mit<br />
drei Schiffen eine Suchexpedition durch, aber am 20. August 1503 trafen nur zwei der<br />
drei Schiffe am verabredeten Treffpunkt ein – auch Miguel blieb verschollen (nach<br />
LECHLER).