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reichbare Genauigkeit auch wirklich realisiert werden konnte. Der Schwachpunkt waren<br />
entsprechend präzise Mondtabellen.<br />
Der Mond bewegt sich bekanntlich auf einer elliptischen Bahn um die Erde, wobei er<br />
sich in Erdnähe rascher bewegt als in Erdferne. Gegenüber einem gleichmäßig umlaufenden<br />
„mittleren Mond“ eilt der Mond um bis zu 6,3 Grad vor oder nach. Diese „Anomalie“<br />
läßt sich zwar mit Hilfe der Keplerschen Gesetze berechnen, die Verhältnisse<br />
sind jedoch erheblich komplizierter, denn die Bahnebene <strong>des</strong> Mon<strong>des</strong> vollführt in 18,6<br />
Jahren eine volle Umdrehung, außerdem ändert sich der Winkel zwischen Mondbahn<br />
und Ekliptik und auch die Form der Bahn ist nicht konstant, was sich wiederum auf die<br />
momentane Umlaufgeschwindigkeit auswirkt. All diese Veränderungen vollziehen sich<br />
nun nicht etwa mit völlig konstanten Perioden, vielmehr geht zusätzlich auch die momentane<br />
Anordnung <strong>des</strong> Systems Mond-Erde-Sonne ein, da die Anziehungskraft von<br />
Erde und Sonne gleichzeitig auf den Mond einwirken. Schließlich ist der Abstand Erde-<br />
Sonne von Einfluß, denn auch die Erde bewegt sich auf einer Ellipse, so daß in Sonnennähe<br />
der Einfluß der Sonne auf den Mond zunimmt. Eine sehr lehrreiche Übersicht über<br />
diese verwickelten Verhältnisse gibt SCHROEDER (Praktische Astronomie für Sternenfreunde),<br />
der auch zeigt, wie man die wichtigsten Korrekturen anbringt und Mondfinsternisse<br />
mit einer zeitlichen Unsicherheit von etwa ±30 Minuten ermitteln kann. Für<br />
eine wirklich präzise Positionsbestimmung werden mehr als ein Dutzend Korrekturen<br />
benötigt.<br />
Der deutsche Astronom Tobias Mayer (1723-1762) schuf als erster eine präzise Theorie<br />
der Mondbewegung, die nach seinem frühen Tode von seiner Witwe veröffentlicht wurde.<br />
Maskelyne, Astronomer Royal am Greenwich Observatory, konnte mit Hilfe dieser<br />
Theorie dann 1767 die ersten hinlänglich exakten Mondtabellen erstellen, deren Genauigkeit<br />
im Laufe der Jahre weiter zunahm, da man aus immer genaueren Mondbeobachtungen<br />
auch die numerischen Werte der diversen Korrekturen immer genauer ableiten<br />
konnte. Der Witwe wurden darauf hin vom Board of Longitude 3000 £ Preisgeld ausgezahlt.<br />
Die Bestimmung der GMT mit Hilfe der „Mond-Methode“ erfolgte in vier Schritten:<br />
Zunächst wurde möglichst zeitnah die geographische Breite <strong>des</strong> Schiffes bestimmt, da<br />
man diesen Wert für die Korrekturen der Meßwerte benötigte. Dann wurde der Winkel<br />
zwischen dem Mondrand und einem tabellierten Referenzstern mit äußerster Sorgfalt<br />
gemessen und die korrespondierende Zeit der Schiffsuhr notiert. Nun mußte man den<br />
gemessenen Winkel, nach Anbringen verschiedener Korrekturen, auf eine „Beobachtung<br />
vom Erdmittelpunkt aus" umrechnen. Schließlich lieferte der so umgerechnete<br />
Winkel, zusammen mit tabellierten Werten, die GMT und durch Vergleich mit der<br />
Schiffsuhr die geographische Länge. Alle Umrechnungen mußten mit einer Genauigkeit<br />
von 0,1 Bogenminute ausgeführt werden.<br />
Es ist verständlich, daß die „Mond-Methode“ bei Schiffsoffizieren und „Midship men“<br />
sehr unbeliebt war, aber sie hatte einen unbestreitbaren Vorteil: Sie war sicher und jederzeit<br />
anwendbar. Die Verwendung eines Chronometers (s.u.) war zwar viel einfacher,<br />
aber letztlich vertraute man bei der „Chronometer-Methode“ die Sicherheit von Schiff<br />
und Mannschaft einem mechanischen Gerät an, das man während der Fahrt nicht kontrollieren<br />
konnte. Besonders gefährlich war dies dann, wenn das Chronometer zwar<br />
scheinbar einwandfrei lief, jedoch falsche Werte anzeigte, die zu einer falschen Längenbestimmung<br />
führten mit möglicherweise katastrophalen Folgen.