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referiert lediglich die Meinung <strong>des</strong> Ptolemaios. Wir behaupten: Pérez informierte Isabella<br />
über die von uns postulierten Entdeckungen der Portugiesen im Westatlantik.<br />
Die Angelegenheit war jedoch aus mehreren Gründen äußerst heikel. <strong>Kolumbus</strong> durfte<br />
nicht in Erscheinung treten, denn dieser konnte ja nicht gut vor Isabella treten und eingestehen,<br />
er habe eine königliche Kommission jahrelang hinters Licht geführt. Zudem<br />
war zu befürchten, daß man seinen Worten keinen Glauben schenken und Dokumente<br />
als Fälschungen abtun würde. Zudem waren die Informationen auf illegalem Wege erworben<br />
worden, und indem man Isabella zur Mitwisserin machte, wurde sie zugleich<br />
auch zur Komplizin – ein gewichtiger Grund, der Isabella möglicherweise zu einer nun<br />
endgültigen Ablehnung zwingen würde. Es ist daher kein Wunder, daß zunächst Pérez<br />
allein bei Isabella vorspricht. Offenbar war sein Brief so abgefaßt, daß <strong>Kolumbus</strong> mit<br />
den „neuen Informationen“ überhaupt nichts zu tun hatte. Die „Legende“, die Pérez<br />
auftischte, ist nicht bekannt, aber man kann sie sich leicht ausmalen: Man habe aus „gut<br />
unterrichteten und vertrauenswürdigen (kirchlichen) Kreisen“ erfahren, daß die Portugiesen<br />
bereits Land im Westatlantik gefunden hätten – und zwar genau in der Entfernung,<br />
die auch schon <strong>Kolumbus</strong> vermutet habe – allerdings hielten die Portugiesen diese<br />
Landstriche für wertlos. Wichtig war, daß Isabella diese neuen Informationen für so<br />
wichtig und glaubwürdig hielt, daß sie damit vor ihre Ratgeber treten konnte – was die<br />
„Legende“ anging, genügte es, daß sie diese „akzeptierte“ – was auch immer sie darüber<br />
denken mochte.<br />
Soweit lassen sich die Vorgänge recht gut erklären, aber die überlieferten Geschehnisse<br />
in Santa Fé sind absolut unglaubwürdig: Keine Regierung dieser Welt verhandelt jahrelang<br />
mit dem Anbieter einer Dienstleistung, ohne nach <strong>des</strong>sen Forderungen zu fragen!<br />
Und kein Herrscher, auch kein Regierungschef <strong>des</strong> 21. Jahrhunderts, würde sich dem<br />
Willen eines Bittstellers in der Weise öffentlich unterwerfen, wie es angeblich Königin<br />
Isabella tat! Am wahrscheinlichsten ist, daß Isabella die Euphorie <strong>des</strong> Sieges über das<br />
maurische Granada nutzte, um wenige Tage nach <strong>des</strong>sen Kapitulation ohne viel Aufhebens<br />
den Plan <strong>des</strong> <strong>Kolumbus</strong> abzusegnen – der Rest war dann eine Sache der Hofbeamten,<br />
welche die Urkunden auszufertigen hatten. Es mag sein, daß nun die Hofbürokratie<br />
hinhaltenden Widerstand leistete, während <strong>Kolumbus</strong> eisern auf die königlichen Zusagen<br />
von Santa Fé (2. Januar 1492) pochte, so daß König Ferdinand schließlich seinen<br />
obersten Kanzleichef Juan de Coloma beauftragte, die Sache endlich vom Tisch zu<br />
bringen. Dieser Ablauf der Dinge würde erklären, warum die „Kapitulationen“ mit so<br />
großer Verzögerung abgefaßt wurden (17. April 1492) und warum dann der eigentliche<br />
Vertrag nach nur zwei Wochen unterschrieben vorlag (30. April 1492) – aber wir betonen<br />
nochmals: Der überlieferte Ablauf der Dinge ist äußerst unglaubwürdig, ja unmöglich.<br />
Am 17. April 1492 wurde die erste Urkunde ausgefertigt, die als „Kapitulationen von<br />
Santa Fé“ in die Geschichte eingegangen ist. Angemerkt sei, daß der Begriff „Kapitulation“<br />
nicht mit „Unterwerfung“ übersetzt werden darf – nach damaligen Sprachgebrauch<br />
war eine „Kapitulation“ eine Art Vorvertrag.<br />
1. <strong>Kolumbus</strong> erhält für sich auf Lebenszeit und für seine Erben und Nachfolger auf ewige Zeiten<br />
die Würde <strong>des</strong> Admirals in allen Ländern und Reichen, die er im Ozean entdecken oder erobern<br />
wird, mit gleichen Ehren und Vorrechten, wie sie der Großadmiral von Kastilien in seinem Bereich<br />
besitzt.<br />
2. Er wird Vizekönig und Gouverneur aller gedachten Länder und Reiche, mit dem Vorrecht, drei<br />
Bewerber zum Gouverneur jeder Insel oder Provinz vorzuschlagen, unter denen die Regenten einen<br />
auswählen.