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Fahrten des Kolumbus

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Wie aber fand man den richtigen Kurs, um einen Hafen wenigsten einigermaßen gezielt<br />

anzusegeln? Homer berichtet, man habe sich an bestimmten hellen Sternen orientiert;<br />

gemeint ist offenbar ein „Sternenkompaß“, d.h., man richtete sich nach den Auf- und<br />

Untergangspunkten heller Sterne, ganz so, wie dies noch in historischer Zeit die Polynesier<br />

taten. Diese Punkte markieren Richtungen, die unabhängig von der geographischen<br />

Länge sind und sich nur mit der geographischen Breite verändern: Bei Südfahrten wandern<br />

sie nach Norden aus. Wegen der geringen Ausdehnung <strong>des</strong> Mittelmeeres in Nord-<br />

Süd-Richtung spielte diese Ungenauigkeit jedoch keine Rolle. Ferner war sicherlich der<br />

Nordstern bekannt (der allerdings damals nicht so dicht am Himmelsnordpol stand wie<br />

heute) und auch das Sinken der maximalen Höhe der Nordsternbilder bei Südfahrten<br />

wurde vermutlich beobachtet. Von einer „astronomischen Navigation“ im heutigen Sinne<br />

kann jedoch noch keine Rede sein: Hatte man die richtige Küste erreicht, orientierte<br />

man sich an markanten Küstenformationen und segelte dann die Küste entlang zum gesuchten<br />

Hafen – die frühe Hochseenavigation war somit in Wahrheit eine Kombination<br />

aus Hochseeschiffahrt und Küstennavigation.<br />

Eine weitere Schwierigkeit bestand darin, daß damals rahgetakelte Schiffe nur bei mehr<br />

oder weniger achterlichem Wind effektiv segeln konnten. Der Grund hierfür ist leicht<br />

einzusehen: Fällt der Wind seitlich ein, so erzeugt ein schräg gestelltes Segel zwar einen<br />

gewissen Vortrieb, zugleich wird das Schiff jedoch seitlich abgetrieben, es erleidet eine<br />

„Windversetzung“. Ein ausreichender Vortrieb wird nur erreicht, wenn das Schiff einen<br />

geringen Längswiderstand und zugleich einen möglichst hohen Querwiderstand besitzt.<br />

Hierzu muß der Schiffskörper lang und schmal sein und zugleich einen hinlänglichen<br />

Tiefgang besitzen. Die Ruderschiffe der alten Griechen besaßen zwar die geeignete<br />

Form, hatten wegen ihrer leichten Bauweise jedoch einen zu geringen Tiefgang; die<br />

Lastschiffe der Römer wiederum besaßen den nötigen Tiefgang, waren aber viel zu<br />

bauchig. Erst 1500 Jahre später war man in Europa in der Lage, Schiffskörper der geeigneten<br />

Form bei gleichzeitiger Hochseetüchtigkeit zu konstruieren.<br />

Für die Seeleute der damaligen Zeit hatte dies den großen Nachteil, daß sie für eine gezielte<br />

Überfahrt oft lange auf einen „günstigen Wind“ warten mußten, denn es genügte<br />

nicht, daß der Wind mit etwa Stärke 4 blies, er mußte auch möglichst genau in die richtige<br />

Richtung wehen! Drehte der Wind später auf See, konnte man den gewünschten<br />

Kurs nur noch bedingt einhalten – die Seefahrt war somit viel stärker von der Windrichtung<br />

abhängig als zur Zeit der Entdeckungsfahrten.<br />

Wie sehr man vom „richtigen“ Wind abhängig war, zeigt übrigens indirekt die<br />

Argonauten-Sage: Eine Fahrt durch die Dardanellen ins Schwarze Meer war nur mit<br />

echten Helden zu bewerkstelligen! Der reale Hintergrund für diese Sage ist die<br />

Tatsache, daß einerseits durch die Passage zum schwarzen Meer eine Südströmung<br />

verläuft, gegen die anzurudern unmöglich war, zugleich sind Nordwinde vorherrschend,<br />

gegen die man nicht ankreuzen konnte. Um ins Schwarze Meer zu gelangen, mußte man<br />

folglich in extremer Küstennähe rudern, um strömungsarme Abschnitte nutzen zu<br />

können. Dies aber war nur mit Hilfe von lokalen Lotsen möglich, und man nimmt an,<br />

daß sich die Trojaner diesen Service gut bezahlen ließen – vielleicht einer der Gründe<br />

für den Trojanischen Krieg.

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