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Exil Schweiz Tibeter auf der Flucht

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tische Schule regelmässig besuchte, weist dar<strong>auf</strong> hin, dass die<br />

Kulturerhaltung nicht als vordringliches Ziel <strong>der</strong> Pflegeeltern<br />

angesehen wurde. Der schlechte Besuch <strong>der</strong> Schule darf jedoch<br />

nicht nur dem fehlenden Interesse <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>er Eltern angelastet<br />

werden. Die «Kulturvermittlung» wurde auch dadurch erschwert,<br />

dass die von tibetischer Seite in Aussicht gestellte Schulung<br />

durch tibetische Lehrer mangelhaft war. Es fehlte geschultes<br />

Lehrpersonal, das den Kin<strong>der</strong>n mit geeigneten pädagogischen<br />

Methoden ihre tibetische Kultur hätte näherbringen können.<br />

Hauptziel dieses unattraktiven Unterrichts, <strong>der</strong> nur an Wochenenden<br />

stattfinden konnte, war das Eintrichtern von tibetischen<br />

Vokabeln und <strong>der</strong> Versuch, den Kin<strong>der</strong>n das Aufsagen von Gebeten<br />

und das Schreiben und Lesen tibetischer Wörter und einfacher<br />

Sätze beizubringen. Eine Kulturvermittlung in <strong>der</strong> Sprache,<br />

welche die Kin<strong>der</strong> beherrschten, nämlich in deutsch, fand kaum<br />

statt 6 . Es ist nicht weiter verwun<strong>der</strong>lich, dass unter diesen Voraussetzungen<br />

<strong>auf</strong> Seite <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> die Motivation zum Erlernen<br />

traditioneller Werte gering war. Erfolgreicher als <strong>der</strong> Wochenend­Unterricht<br />

waren in dieser Hinsicht die Ferienlager, die teilweise<br />

kulturelle Beiprogramme <strong>auf</strong>wiesen, so unter an<strong>der</strong>em ein<br />

im tibetischen Kloster in Rikon abgehaltenes «Studienlager» im<br />

Jahre 1971.<br />

<strong>Schweiz</strong>erisches Rotes Kreuz und Verein <strong>Tibeter</strong><br />

Heimstätten<br />

Nachdem <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>erische Bundesrat seine Zustimmung zur<br />

Aufnahme von 200 tibetischen Kin<strong>der</strong>n in <strong>Schweiz</strong>er Familien<br />

und im Kin<strong>der</strong>dorf Pestalozzi und – im Jahre 1961 – zur Einreise<br />

von zwei Gruppen von <strong>Tibeter</strong>n gegeben und diese als Flüchtlinge<br />

anerkannt hatte, erklärte er 1962, er stehe den Bestrebungen<br />

zur Aufnahme einer begrenzten Zahl tibetischer Flüchtlinge in<br />

die <strong>Schweiz</strong> wohlwollend gegenüber. Am 29. März 1963 entsprach<br />

dann <strong>der</strong> Bundesrat dem Begehren des Vereins <strong>Tibeter</strong> Heimstätten<br />

(VTH), maximal 1000 tibetische Flüchtlinge in die <strong>Schweiz</strong><br />

einreisen zu lassen. Auf Wunsch <strong>der</strong> Behörden arbeitete dieser<br />

Verein eng mit einem offiziell anerkannten Hilfswerk, dem<br />

<strong>Schweiz</strong>erischen Roten Kreuz (SRK), zusammen. Bereits damals<br />

wurde in einer bundesrätlichen Antwort <strong>auf</strong> eine kleine Anfrage<br />

hingewiesen, «dass die Aufnahme von Flüchtlingen aus fernen<br />

Län<strong>der</strong>n verschiedene beson<strong>der</strong>e Probleme <strong>auf</strong>werfe. Namentlich<br />

wisse man nicht, ob die Verpflanzung solcher Menschen in ganz<br />

an<strong>der</strong>e Verhältnisse opportun sei». Die Bundesbehörden stellten<br />

die Bedingung, dass für jede Gruppe vor <strong>der</strong> Einreise das Einverständnis<br />

<strong>der</strong> <strong>auf</strong>nehmenden Gemeinde und des Kantons vorliege,<br />

und dass Unterkunft und Arbeit sowie die finanziellen Mittel<br />

und die Betreuung sichergestellt seien.<br />

Der Verein <strong>Tibeter</strong> Heimstätten verpflichtete sich, die Kosten<br />

für Auswahl und Einreise <strong>der</strong> <strong>Tibeter</strong>gruppen zu übernehmen<br />

und sich zusammen mit dem <strong>Schweiz</strong>erischen Roten Kreuz<br />

nach einem bestimmten Schlüssel an den Betreuungs­ und Unterstützungskosten<br />

<strong>der</strong> Flüchtlinge zu beteiligen. Das <strong>Schweiz</strong>erische<br />

Rote Kreuz übernahm die Verpflichtung, die Flüchtlinge<br />

zu betreuen 7 und die Kosten für die erste Bekleidung und die<br />

Einrichtung <strong>der</strong> Heimstätten zu tragen. Es leistet ferner zusammen<br />

mit den Bundesbehörden Garantie für den Fall, dass ein<br />

Flüchtling unterstützungsbedürftig wird.<br />

Die Ansiedlung von tibetischen Flüchtlingen in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

durch den Verein <strong>Tibeter</strong> Heimstätten geht <strong>auf</strong> Bemühungen des<br />

nur kurze Zeit existierenden Gönpa­Vereins zurück, dessen Mitglie<strong>der</strong><br />

beabsichtigten, in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> ein tibetisches Kloster<br />

(«gönpa») zu bauen. Die Idee stiess <strong>auf</strong> Ablehnung <strong>der</strong> angefragten<br />

Gemeinden und Kantone, wodurch die Aktion im Sande verlief.<br />

Wertvolle Impulse, die von Mitglie<strong>der</strong>n des Gönpa­Vereins<br />

ausgingen, führten jedoch 1960 zur Gründung des Vereins <strong>Tibeter</strong><br />

Heimstätten. Der Wille, die bedrohte tibetische Kultur zu<br />

bewahren, war somit ein wichtiger auslösen<strong>der</strong> Faktor für die<br />

Ansiedlung tibetischer Familien in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>. Auch <strong>der</strong> neugegründete<br />

Verein <strong>Tibeter</strong> Heimstätten hatte sich unter an<strong>der</strong>em<br />

zum Ziel gesetzt, «die Kultur, Sprachen und die Religion Tibets<br />

zu bewahren». Die Absicht, die materielle Existenz <strong>der</strong> Flüchtlinge<br />

durch eigenen Broterwerb zu sichern, stand jedoch von allem<br />

Anfang an im Vor<strong>der</strong>grund und liess die anfänglichen Absichts­<br />

19 | Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> | 20

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