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Exil Schweiz Tibeter auf der Flucht

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Text 5<br />

Gyaltsen Gyaltag<br />

Die tibetische Familie<br />

im Wandel und<br />

Spannungsfeld zweier<br />

Kulturen<br />

Die traditionelle tibetische Familie<br />

Gesellschaftlicher Hintergrund<br />

Die tibetische Gesellschaft und ihre Strukturen waren recht vielschichtig.<br />

Tibets Gesellschaftsordnung kann nämlich we<strong>der</strong> im<br />

Rahmen eines einfachen bäuerlich­feudalistischen Modells erklärt<br />

werden noch war sie eine reine nomadische o<strong>der</strong> theokratische<br />

Gesellschaft. Sie war vielmehr eine vorindustrielle Bauern­ und<br />

Nomadengesellschaft mit feudalistisch­theokratischen Merkmalen,<br />

die eine streng strukturierte Hierarchie <strong>auf</strong>wies. An <strong>der</strong> Spitze<br />

dieser Hierarchie stand <strong>der</strong> Dalai Lama, in dessen Händen die<br />

Zügel <strong>der</strong> Oberherrschaft über den sowohl geistlichen als auch<br />

weltlichen Bereich vereinigt waren. Die tibetische Zentralregierung<br />

und <strong>der</strong>en Verwaltung war fast ausschliesslich aus Vertretern<br />

<strong>der</strong> Geistlichkeit und des Adels zusammengesetzt. Theoretisch<br />

war das ganze Land seit 1642 formelles Eigentum des Dalai<br />

Lama, des obersten religiösen und weltlichen Herrschers von Tibet.<br />

Er vergab das Land in einem «Lehensverhältnis» (Rauber­<br />

<strong>Schweiz</strong>er, 1976: 25) an die drei Grundherren: den Adel, die Geistlichkeit<br />

und die Zentralregierung. Für den Grundherrn bedeutete<br />

dieses «Lehensverhältnis» einerseits unbedingte Treue dem Dalai<br />

Lama gegenüber und an<strong>der</strong>erseits Besitz und Nutzniessung des<br />

geliehenen Bodens. «… it must be known that Tibetans consi<strong>der</strong><br />

all land … to be the property of the Dalai Lama by divine right,<br />

and that anybody who holds any does so as a trustee of His Holiness.»<br />

(Peter of Greece and Denmark, 1963: 408) Die geistliche<br />

und weltliche Oberherrschaft <strong>der</strong> Dalai Lamas ist seit 1642 das<br />

typische Merkmal des tibetischen Staates und muss als das Ergebnis<br />

eines jahrhun<strong>der</strong>telangen Anpassungsprozesses zwischen<br />

religiöser Hierarchie und weltlichem Adel begriffen werden.<br />

Wirtschaft und Lebensweise<br />

Die wirtschaftliche Gegebenheit und Möglichkeit eines Landes<br />

beeinflussen auch die Lebensweise <strong>der</strong> Bevölkerung dieses Landes.<br />

Im Fall Tibets gelangt Carrasco zu <strong>der</strong> Schlussfolgerung,<br />

dass die Wirtschaft Tibets aus einer Kombination von Ackerbau<br />

und Viehzucht besteht. «The economy of Tibet <strong>der</strong>ives from patterns<br />

of cereal agriculture and animal husbandry developed by<br />

the early civilizations of the Near East, with a few variations that<br />

can be best explained in terms of the high­altitude environment.»<br />

(Carrasco, 1959: 5) Stein unterstützt diese Ansicht und meint,<br />

gerade Tibet gebe von Natur aus dem Leben <strong>der</strong> <strong>Tibeter</strong> eine dualistische<br />

Form, die manchmal ein und dieselbe Menschengruppe<br />

in einem jahreszeitlichen Rhythmus (Sommer und Winter)<br />

lenkt. Zuweilen leben zwei Gruppen in einer Symbiose. Seiner<br />

Schätzung nach betrieben fünf Sechstel <strong>der</strong> tibetischen Bevölkerung<br />

Ackerbau. (vgl. Stein, 1972: 109)<br />

In den tiefer gelegenen Tälern beson<strong>der</strong>s im Süden und Südosten<br />

Tibets, aber auch in den Höhenlagen, die noch Anbau erlaubten,<br />

wurde Ackerbau betrieben. In <strong>der</strong> tibetischen Sprache<br />

heisst Tal «rong» und Talbewohner «rong­pa», was zugleich auch<br />

«Ackerbauer» bedeuten kann. Hauptsächlich wurde Gerste angebaut,<br />

aus <strong>der</strong> das «Tsampa», das den <strong>Tibeter</strong>n als Grundnahrungsmittel<br />

diente, hergestellt wurde.<br />

85 | Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> | 86

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