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Exil Schweiz Tibeter auf der Flucht

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ter war zwar religiöser Natur, aber sie lieferten die grundlegende<br />

Ausbildung und die religiösen Konzeptionen, <strong>auf</strong> die sich die<br />

gesamte politische und soziale Ordnung Tibets stützte. Die<br />

Grundlage dieses religiös­politischen Systems wurde bereits im<br />

14. Jahrhun<strong>der</strong>t gelegt. Zu voller Entfaltung gelangte es jedoch<br />

erst im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t unter <strong>der</strong> Herrschaft des fünften Dalai<br />

Lama. Er institutionalisierte die Herrschaft durch Reinkarnation<br />

und errichtete das einzigartige Regierungssystem des Ganden­Phodrang,<br />

dessen Grundlage die Verschmelzung <strong>der</strong> religiösen<br />

und politischen Führung in <strong>der</strong> Person des Dalai Lama war.<br />

Die Herrschaft <strong>der</strong> Dalai Lamas und die Mandschu-<br />

Ching-Dynastie<br />

Von 1642 bis zur <strong>Flucht</strong> des 14. Dalai Lama im Jahre 1959 stand<br />

Tibet unter <strong>der</strong> Herrschaft <strong>der</strong> Dalai Lamas. Um den Ursprung<br />

<strong>der</strong> Dalai Lamas zu ergründen, ist es jedoch notwendig, bis ins<br />

15. Jahrhun<strong>der</strong>t zurückzugehen, denn <strong>auf</strong> <strong>der</strong> politischen Bühne<br />

Tibets traten die Dalai Lamas erst verhältnismässig spät <strong>auf</strong>. Ihr<br />

Erscheinen hatten sie dem Reformator und Gelehrten Tsong<br />

Khapa (1357–1419) zu verdanken, dem Grün<strong>der</strong> <strong>der</strong> neuen Gelugpa­Schule<br />

des tibetischen Buddhismus.<br />

Tsong Khapas Ziel war eine Reform <strong>der</strong> mönchischen Disziplin,<br />

eine Rückkehr zu grösserer Strenge und Geistigkeit. Seine Reformbewegung<br />

fand grossen Anklang unter den <strong>Tibeter</strong>n und zog<br />

daher in steigendem Masse Anhänger an, einschliesslich einiger<br />

einflussreicher Adliger, so dass die Zahl <strong>der</strong> Mönche und die Macht<br />

dieser Schule ständig wuchsen. Er und seine Anhänger gründeten<br />

zahlreiche Klöster, <strong>der</strong>en bedeutendste sich zu angesehenen akademischen<br />

Bildungsstätten mit Fakultäten in verschiedenen Disziplinen<br />

<strong>der</strong> buddhistischen Erkenntnislehre entfalteten.<br />

Einer <strong>der</strong> führenden Schüler von Tsong Khapa war Gedün<br />

Truppa (1391–1474), <strong>der</strong> posthum den Titel des ersten Dalai Lama<br />

erhielt. Nach seinem Tod wurde die Wie<strong>der</strong>verkörperung seines<br />

Geistes in einem jungen Mönch namens Gedün Gyatso (1475–<br />

1542) anerkannt. Dieser erhielt ebenfalls einen Nachfolger,<br />

Sonam Gyatso (1543–1588), <strong>der</strong> als die dritte Inkarnation von<br />

Gedün Truppa anerkannt wurde. Sonam Gyatso, <strong>der</strong> ein glänzen<strong>der</strong><br />

Gelehrter und ein eifriger Missionar war, besuchte 1577<br />

<strong>auf</strong> Einladung des Mongolenherrschers Altan Khan die Mongolei.<br />

Er bekehrte Altan Khan und eine beträchtliche Anzahl seiner<br />

Gefolgsleute zum Buddhimus und schuf ein festes Fundament<br />

<strong>der</strong> buddhistischen Lehre im Lande. Altan Khan verlieh<br />

Sonam Gyatso den Titel «Tale» (Dalai), ein mongolischer Ausdruck,<br />

<strong>der</strong> «Ozean», bedeutet. Dieser Ehrentitel wurde später<br />

auch rückwirkend <strong>auf</strong> seine beiden Vorgänger angewandt. Der<br />

mongolisch­tibetische Titel «Dalai Lama», den nun alle Nachfolger<br />

von Gedün Truppa bis heute tragen, bedeutet «Lehrer, dessen<br />

Weisheit so gross und tief wie <strong>der</strong> Ozean ist».<br />

Die Beziehung zwischen dem mongolischen Herrscherhaus<br />

Altan Khans und <strong>der</strong> Gelugpa­Schule wurde noch dadurch vertieft,<br />

dass <strong>der</strong> Urenkel von Altan Khan, Yönten Gyatso (1589–<br />

1617), von den <strong>Tibeter</strong>n als <strong>der</strong> vierte Dalai Lama anerkannt<br />

wurde. Innerhalb kurzer Zeit erstreckte sich <strong>der</strong> Einfluss <strong>der</strong><br />

Gelugpa­Schule über fast alle miteinan<strong>der</strong> rivalisierenden Stämme<br />

<strong>der</strong> Mongolen. Diese Machtbasis war die Grundlage, <strong>auf</strong> <strong>der</strong><br />

schliesslich die Oberherrschaft <strong>der</strong> Dalai Lamas in Tibet beruhen<br />

sollte.<br />

Die ersten vier Dalai Lamas wurden berühmt durch ihre Gelehrsamkeit<br />

und geistige Erleuchtung. Doch <strong>der</strong> fünfte Dalai<br />

Lama, Ngawang Lobsang Gyatso (1617–1682), auch «Der Grosse<br />

Fünfte» genannt, institutionalisierte die Herrschaft durch Reinkarnation,<br />

indem er mit Hilfe <strong>der</strong> Mongolen das einzigartige Regierungssystem<br />

des Ganden­Phodrang errichtete, dessen Grundlage<br />

die Verschmelzung <strong>der</strong> religiösen und politischen Führung<br />

in <strong>der</strong> Person des Dalai Lama war.<br />

Infolge <strong>der</strong> Unterdrückung <strong>der</strong> Gelugpa­Anhänger durch<br />

den Tsangpa­König Karma Tenkyong Wangpo (1605–1642) wandte<br />

sich <strong>der</strong> fünfte Dalai Lama an den mongolischen Fürsten<br />

Gushri Khan um Hilfe. Gushri Khan marschierte mit seiner Armee<br />

in Tibet ein, unterwarf die Fürsten Nordosttibets, besiegte<br />

den Tsangpa­König und beendete so dessen Herrschaft. Er machte<br />

die Gelugpa­Tradition zur Staatsreligion und erhob 1642 den<br />

69 | Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> | 70

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