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Exil Schweiz Tibeter auf der Flucht

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tung <strong>der</strong> chinesischen Republik im Jahre 1912 wandelte sich die<br />

politische Situation Tibets allerdings radikal.<br />

Tibet und die nationalchinesische Republik<br />

1911 wurde die Mandschu­Ch’ing­Dynastie von den Nationalchinesen<br />

unter <strong>der</strong> Führung von Dr. Sun Yatsen (1866–1925) gestürzt.<br />

1912 wurde die Republik ausgerufen, und Yuan Shik­K’ai<br />

(1859–1916) wurde Chinas erster Präsident. Noch im gleichen<br />

Jahr (1911) vertrieben die <strong>Tibeter</strong> die chinesischen Soldaten aus<br />

Tibet, und die zwei Ambane, die Repräsentanten des Mandschu­<br />

Kaisers, wurden aus Tibet über Indien nach China ausgewiesen.<br />

Damit fiel die Oberherrschaft <strong>der</strong> Mandschus über Tibet endgültig<br />

dahin. Es ist hier anzumerken, dass die Chinesen die Mandschus,<br />

die China während 200 Jahren beherrscht hatten, als<br />

fremde Eindringlinge betrachtet und in diesem Sinn vertrieben<br />

haben. Ungeachtet dieser historischen Tatsachen erhob <strong>der</strong> Präsident<br />

<strong>der</strong> nationalchinesischen Republik, Yuan Shik­K’ai, am<br />

12. April 1912 in bekannter Manier den Anspruch, dass Tibet als<br />

chinesische Provinz nach wie vor ein integraler Bestandteil Chinas<br />

sei. Der chinesische Standpunkt drückte sich bereits in <strong>der</strong><br />

ersten Verfassung <strong>der</strong> Republik China von 1912 aus. Gemäss Artikel<br />

3 dieser Verfassung wurde Tibet zwar nicht als Provinz,<br />

aber dennoch zur chinesischen Republik gezählt.<br />

Kurz nach seiner Rückkehr aus dem indischen <strong>Exil</strong> nach<br />

Lhasa verkündete <strong>der</strong> 13. Dalai Lama im Jahre 1913 die Unabhängigkeit<br />

Tibets. 1914 fand die Dreierkonferenz von Simla zwischen<br />

den gleichberechtigten Bevollmächtigten Grossbritanniens,<br />

Sir Henry McMahon, Tibets, Lönchen Shatra, und Chinas,<br />

Ivan Chen, statt. Die «Simla­Konferenz» war <strong>der</strong> erste ernsthafte<br />

Versuch im Sinne des heutigen Völkerrechts, die sino­tibetischen<br />

Differenzen zu bereinigen und die Grenze Tibets festzulegen.<br />

Sie erzielte jedoch keine konkrete Lösung in dieser Frage.<br />

An <strong>der</strong> «Simla­Konvention» wurde China die Suzeränität über<br />

ganz Tibet zugesprochen, aber China hätte sich verpflichten sollen,<br />

Tibet nicht als chinesische Provinz zu annektieren. Da die<br />

Simla­Konvention von China wegen <strong>der</strong> zweitgenannten Klausel<br />

nicht ratifiziert wurde, unterzeichneten Grossbritannien und Tibet<br />

einen separaten Vertrag. In diesem wurde unter an<strong>der</strong>em<br />

festgehalten, dass Chinas Rechte über Tibet erst bei einer Ratifizierung<br />

<strong>der</strong> Simla­Konvention durch die chinesische Regierung<br />

in Kraft treten würden. China betrachtet heute wie damals das<br />

britisch­tibetische Abkommen als ungültig. Eine Stellungnahme<br />

<strong>der</strong> indischen Regierung aus dem Jahre 1960 zuhanden <strong>der</strong> chinesischen<br />

Regierung weist eindeutig dar<strong>auf</strong> hin, dass China damals<br />

Tibet als gleichberechtigten Verhandlungspartner anerkannt<br />

habe.<br />

1918 brach wie<strong>der</strong> ein Grenzkrieg zwischen Tibet und China<br />

aus. Auf Ersuchen <strong>der</strong> chinesischen Regierung bat Grossbritannien<br />

die tibetische Regierung um ihr Einverständnis für die Entsendung<br />

des damaligen britischen Konsuls in Chengtu, Sir Eric<br />

Teichmann, als Vermittler zwischen Tibet und China nach Osttibet.<br />

Die tibetische Regierung hatte dagegen keine Einwände.<br />

Durch die Vermittlung Teichmanns kam es im August 1918 zur<br />

Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommens zwischen<br />

den Bevollmächtigten bei<strong>der</strong> Län<strong>der</strong>. In diesem Abkommen wurde<br />

ferner als provisorische sino­tibetische Grenze die Linie längs<br />

dem oberen Yangtse­Fluss angenommen.<br />

Auf chinesischer Seite fehlte es nicht an Versuchen, den Einfluss<br />

<strong>auf</strong> Tibet geltend zu machen. So versuchte die chinesische<br />

Regierung mehrmals, chinesische Repräsentanten nach Lhasa<br />

zu entsenden. Ihnen wurde jedoch von den <strong>Tibeter</strong>n stets die Einreise<br />

verweigert. Desgleichen versicherte 1927 Chiang Kai­shek<br />

dem 13. Dalai Lama in einem Schreiben, China werde Tibet in<br />

jeglicher Beziehung unterstützen, vorausgesetzt, <strong>der</strong> Dalai Lama<br />

akzeptiere Chinas Suzeränität über Tibet. In seinem Ant wortschreiben<br />

erklärte <strong>der</strong> Dalai Lama, er sei bereit, freundschaftliche<br />

Beziehungen zwischen den beiden Län<strong>der</strong>n <strong>auf</strong> rechtzu erhalten,<br />

es sei ihm hingegen unmöglich, seinerseits die chinesische<br />

Suzeränität über Tibet zu akzeptieren.<br />

Der 13. Dalai Lama war für den Eintritt Tibets in die internationalen<br />

Beziehungen verantwortlich. Verschiedene internati­<br />

77 | Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> | 78

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