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Exil Schweiz Tibeter auf der Flucht

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Text 10<br />

Tages-Anzeiger, 10. März 2009<br />

Christof Münger<br />

Zuerst schickte Mao<br />

Blumen, dann kamen<br />

die Soldaten<br />

Heute vor 50 Jahren haben sich Hun<strong>der</strong>ttausende <strong>Tibeter</strong><br />

gegen ihre chinesischen Besatzer erhoben. Mao<br />

Zedong liess den Aufstand brutal nie<strong>der</strong>schlagen, <strong>der</strong><br />

Dalai Lama floh nach Indien.<br />

Im Januar 1950 war Mao Zedong zu Gast in Moskau. Erst seit<br />

kurzem an <strong>der</strong> Macht, wollte Mao wissen, wie man sich dort hält.<br />

Und wer wusste das besser als Genosse Stalin? Der gab ihm den<br />

Rat, religiöse und ethnische Min<strong>der</strong>heiten zu unterjochen. Das<br />

war in Maos Sinn: Seit er am 1. Oktober 1949 nach Bürgerkrieg<br />

und Revolution die Volksrepublik ausgerufen hatte, war er entschlossen,<br />

Tibet dem kommunistischen China einzuverleiben.<br />

Joseph Stalin fand deshalb nur lobende Worte: «Die <strong>Tibeter</strong><br />

müssen unterdrückt werden.» Stalin schlug vor, Tibet und an<strong>der</strong>e<br />

Grenzregionen mit Han­Chinesen zu besiedeln, die über 90<br />

Prozent <strong>der</strong> chinesischen Bevölkerung ausmachten, um ein Gegengewicht<br />

zu den ethnischen Min<strong>der</strong>heiten herzustellen. Genau<br />

dies tat das kommunistische Regime dann auch.<br />

Zunächst aber folgte Mao Stalins Empfehlung und entsand­<br />

te 20 000 Soldaten nach Tibet, das seit 1913 unabhängig war. Die<br />

Truppen blieben aber <strong>auf</strong> sich gestellt, da noch keine richtige<br />

Strasse ins himalajsche Hochland führte. Der Nachschub an Essen<br />

und Munition blieb aus, die Chinesen litten unter <strong>der</strong> dünnen<br />

Luft und konnten die schlecht ausgerüstete, tibetische Armee<br />

nicht besiegen.<br />

Also än<strong>der</strong>te Mao seine Taktik und verhandelte mit dem Dalai<br />

Lama, wie die chinesische Dissidentin Jung Chang in ihrer<br />

Mao­Biografie schreibt. 1951 einigten sie sich <strong>auf</strong> ein Abkommen,<br />

das vorsah, dass Tibet als autonome Region in China fortbestehen<br />

sollte. Drei Jahre später reiste <strong>der</strong> 19­jährige Dalai Lama als<br />

geistiger und politischer Führer Tibets nach Peking. Mao bemühte<br />

sich, seinen Gast für sich einzunehmen und damit dessen<br />

Reich, das er als historischen Teil Chinas betrachtete.<br />

Der Dalai Lama wie<strong>der</strong>um versuchte seine Unabhängigkeit<br />

zu stärken, indem er beantragte, in die Kommunistische Partei<br />

<strong>auf</strong>genommen zu werden, was aber abgelehnt wurde. Nach seiner<br />

Rückkehr erhielt <strong>der</strong> Dalai Lama allerdings von Mao einen<br />

Brief, worin dieser schrieb, wie sehr er ihn vermisse.<br />

Derweil trieb Mao, wie ebenfalls von Stalin empfohlen, den<br />

Bau von zwei Strassen nach Tibet voran. Sie öffneten <strong>der</strong> Volksarmee<br />

das Tor zu Tibet. Die Streitkräfte wurden jedoch bereits<br />

in den ans Hochland angrenzenden Gebieten in Kämpfe verwickelt.<br />

Die Volksarmee konnte die Aufstände nur mit Artillerie<br />

und Flugzeugen sowjetischer Herkunft nie<strong>der</strong>schlagen. Deshalb<br />

verschob Peking den Plan nochmals, Tibet zu «maoisieren». Die<br />

Rebellen waren ortskundig und hatten einen «starken Kampfgeist»,<br />

wie Mao feststellte. Auch dank ausländischer Hilfe: Der<br />

amerikanische Geheimdienst CIA warf per Fallschirm Waffen<br />

ab. Die USA betrachteten Tibet als Aussenposten im Kampf gegen<br />

den Kommunismus.<br />

Peking spricht von «Befreiung»<br />

Es war allerdings nur eine Frage <strong>der</strong> Zeit, bis <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand in<br />

Tibet brechen würde. Als die Volksrepublik 1958 zum «Grossen<br />

Sprung nach vorn» ansetzte – ein Wirtschaftsför<strong>der</strong>ungspro­<br />

141 | Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> | 142

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