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Exil Schweiz Tibeter auf der Flucht

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Text 1<br />

Martin Brauen / Detlef Kantowsky (Hg.)<br />

Junge <strong>Tibeter</strong> in <strong>der</strong><br />

<strong>Schweiz</strong>. Studien zum<br />

Prozess kultureller<br />

Identifikation<br />

Tibetische Flüchtlinge in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

Ethnische und rassische Min<strong>der</strong>heiten in Europa und in den USA<br />

sind wie<strong>der</strong> vermehrt Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen<br />

geworden. Dies ist in erster Linie <strong>auf</strong> die schnell wachsende<br />

Zahl von Emigranten und Flüchtlingen zurückzuführen<br />

und <strong>auf</strong> die damit in Zusammenhang stehenden möglichen o<strong>der</strong><br />

tatsächlich <strong>auf</strong>tretenden Konflikte zwischen <strong>der</strong> lokalen Bevölkerung<br />

und den «Fremden», den Eingewan<strong>der</strong>ten.<br />

Die <strong>Schweiz</strong> ist von dieser Problematik nicht verschont geblieben.<br />

Es sei hier an die «Gast»arbeiter aus Mittelmeerlän<strong>der</strong>n<br />

und an die von vielen <strong>Schweiz</strong>ern gesehene Gefahr <strong>der</strong> Überfremdung<br />

erinnert.<br />

Mit <strong>der</strong> Aufnahme von <strong>Tibeter</strong>n in den frühen Sechziger<br />

Jahren sahen sich die <strong>Schweiz</strong>er zum ersten Mal einer grösseren<br />

Anzahl von Menschen gegenübergestellt, die eine gänzlich an<strong>der</strong>e<br />

Kultur besassen und einer an<strong>der</strong>en Rasse angehörten. Wie es<br />

zu diesem «Flüchtlings­Experiment» kam – die erstmalige Aufnahme<br />

asiatischer Menschen, zur Hauptsache Bauern, Nomaden<br />

und Händler aus einer feudalistischen Theokratie in eine hochtechnisierte<br />

westliche Demokratie muss zweifellos als solches bezeichnet<br />

werden –, soll im folgenden kurz beschrieben werden.<br />

Die drei Milieus <strong>der</strong> Ansiedlung<br />

Im März 1959 floh <strong>der</strong> XIV. Dalai Lama, das weltliche und religiöse<br />

Oberhaupt Tibets nach Nordindien, nachdem es in Lhasa zu<br />

einem blutigen Aufstand gegen die chinesischen Truppen gekommen<br />

war, die seit 1950 in Tibet eingedrungen waren. Dem Dalai<br />

Lama folgten zwischen 80 000 und 100 000 seiner Landsleute, die<br />

zur Hauptsache in Indien, aber auch in Nepal, Bhutan und Sikkim<br />

Aufnahme fanden.<br />

Durch die Stiftung Kin<strong>der</strong>dorf Pestalozzi in Trogen, durch<br />

<strong>Schweiz</strong>er Eltern (die meisten von ihnen <strong>der</strong> «Aeschimann­Aktion»<br />

angehörend) und durch das <strong>Schweiz</strong>erische Rote Kreuz<br />

(SRK) beziehungsweise den Verein <strong>Tibeter</strong> Heimstätten (VTH)<br />

wurden zwischen 1960 und 1981 etwa 1200 tibetische Flüchtlinge<br />

aus den asiatischen <strong>Exil</strong>län<strong>der</strong>n in die <strong>Schweiz</strong> geholt und dort<br />

hauptsächlich im Osten des Landes angesiedelt 1 .<br />

Das Kin<strong>der</strong>dorf Pestalozzi in Trogen<br />

Im Februar 1960 beschloss die Stiftungskommission des Kin<strong>der</strong>dorfes<br />

Pestalozzi <strong>auf</strong> Anregung von Charles Aeschimann und<br />

Rudolf Schatz, eine Gruppe von tibetischen Flüchtlingskin<strong>der</strong>n<br />

und ein Hauselternpaar im Kin<strong>der</strong>dorf anzusiedeln. Im Juni<br />

1960 begann man mit dem Bau des <strong>Tibeter</strong>hauses und im August<br />

trafen bereits die Hauseltern und ihr Töchterchen in Trogen ein.<br />

In ihrer Begleitung befand sich ein <strong>Tibeter</strong>knabe, den die Familie<br />

Aeschimann bei sich <strong>auf</strong>nahm, wodurch eine weitere Hilfsaktion<br />

zugunsten <strong>der</strong> tibetischen Flüchtlinge ihren Anfang nahm,<br />

nämlich die Pflegekin<strong>der</strong>aktion von Aeschimann, <strong>auf</strong> die wir<br />

noch eingehen<strong>der</strong> zu sprechen kommen. Im Oktober flogen 20<br />

von Frau Tsering Dolma Takla, <strong>der</strong> älteren Schwester des Dalai<br />

Lama, in Indien ausgewählte tibetische Kin<strong>der</strong> in die <strong>Schweiz</strong><br />

und bezogen im Dezember desselben Jahres ihr inzwischen fertiggestelltes<br />

Haus im Kin<strong>der</strong>dorf. Vier Jahre danach wurde ein<br />

11 | Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> | 12

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