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Exil Schweiz Tibeter auf der Flucht

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Text 3<br />

Dalai Lama<br />

Die vier edlen<br />

Wahr heiten. Die Grundlage<br />

buddhis tischer<br />

Praxis<br />

Mitgefühl, die Grundlage für menschliches Glück<br />

Ich denke, je<strong>der</strong> Mensch hat die Auffassung von einem innewohnenden<br />

Ich, einem «Ich», das irgendwie in ihm existiert. Wir können<br />

nicht erklären, warum wir diese Empfindung haben, aber sie<br />

ist da. Diese Auffassung bringt den Wunsch nach Glück und eine<br />

Abneigung gegen Leid mit sich. Das ist völlig legitim. Wir haben<br />

das Recht, so glücklich wie möglich zu sein und so wenig Leid wie<br />

möglich erfahren zu müssen.<br />

Die ganze Geschichte <strong>der</strong> Menschheit hat sich <strong>auf</strong> <strong>der</strong> Grundlage<br />

dieser Auffassung entwickelt, aber dieses Streben ist nicht<br />

<strong>auf</strong> menschliche Wesen beschränkt. Aus buddhistischer Sicht<br />

werden auch die kleinsten Insekten von dem gleichen Wunsch<br />

getrieben. Auch sie versuchen, ihren Fähigkeiten entsprechend,<br />

Glück zu erfahren und Leid zu vermeiden.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> menschlichen Intelligenz gibt es allerdings einige<br />

gravierende Unterschiede zwischen <strong>der</strong> Gattung Mensch<br />

und an<strong>der</strong>en Tiergattungen. Wir sind fortgeschrittenere Wesen,<br />

und als solche besitzen wir grössere Fähigkeiten. Wir sind in <strong>der</strong><br />

Lage, weit in die Zukunft hinein zu planen, und unser Erinnerungsvermögen<br />

ist gross genug, um uns viele Jahre zurückzuerinnern.<br />

Wir besitzen mündliche und schriftliche Traditionen, die<br />

uns an längst vergangene Ereignisse erinnern. Dank <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Möglichkeiten können wir sogar Ereignisse untersuchen,<br />

die sich vor Jahrmillionen zugetragen haben.<br />

So sind wir durch diese Intelligenz einerseits sehr gescheit,<br />

aber genau deswegen zweifeln wir auch mehr, sind misstrauischer<br />

und haben infolgedessen auch mehr Ängste. Ich denke,<br />

Vorstellungen <strong>der</strong> Angst sind im Menschen viel stärker ausgeprägt<br />

als in Tieren. Dazu kommen noch die vielen Konflikte innerhalb<br />

<strong>der</strong> menschlichen Gemeinschaft, innerhalb <strong>der</strong> eigenen<br />

Familie, ganz zu schweigen von den Konflikten innerhalb von<br />

Gruppierungen und zwischen Nationen, und natürlich den Konflikten,<br />

die je<strong>der</strong> einzelne in sich trägt. Alle diese Konflikte und<br />

Wi<strong>der</strong>spüche entstehen aus den unterschiedlichen Ansichten und<br />

Gedanken, die unsere Intelligenz mit sich bringt. Lei<strong>der</strong> kann<br />

Intelligenz auch sehr unglückliche Geisteszustände erzeugen. So<br />

gesehen wird sie zu einer weiteren Quelle menschlichen Leids.<br />

Trotzdem ist sie gleichzeitig das Instrument, mit dem wir unsere<br />

Konflikte und Differenzen überwinden können. Das denke ich<br />

jedenfalls.<br />

Von allen Spezies, die diesen Planeten bevölkern, ist <strong>der</strong><br />

Mensch <strong>der</strong> schlimmste Unruhestifter. Das ist nicht zu übersehen.<br />

Gäbe es keine Menschen mehr, wäre es um die Sicherheit<br />

unseres Planeten besser bestellt. Zweifellos würden Millionen<br />

von Fischen, Hühnern und an<strong>der</strong>en Kleintieren eine echte «Befreiung»<br />

erfahren.<br />

Die menschliche Intelligenz muss also konstruktiv eingesetzt<br />

werden. Das ist <strong>der</strong> Schlüssel. Wenn wir ihre Möglichkeiten<br />

richtig einsetzen würden, würden die Menschen sich nicht nur<br />

untereinan<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n auch dem Planeten weniger Schaden zufügen;<br />

ebenso wäre je<strong>der</strong> einzelne glücklicher. Es liegt ganz in<br />

unserer Hand. Es ist uns überlassen, ob wir unsere Intelligenz<br />

richtig o<strong>der</strong> falsch einsetzen. Niemand kann uns seine Werte <strong>auf</strong>zwingen.<br />

Wie können wir lernen, unsere Fähigkeiten sinnvoll<br />

45 | Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> Unterrichtseinheit <strong>Exil</strong> <strong>Schweiz</strong>, <strong>Tibeter</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> | 46

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