BERICHT INNERE SICHERHEIT DER SCHWEIZ ... - EJPD - admin.ch
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Verlagerung von Aktionen<br />
weg von den grossen<br />
Ballungszentren.<br />
der linksextremen Kreise waren Ri<strong>ch</strong>tungskämpfe<br />
die Folge, die si<strong>ch</strong> besonders um die thematis<strong>ch</strong>e<br />
Orientierung, Aktionsformen und speziell<br />
um den Einsatz von Gewalt drehten.<br />
Gerade bei Provokationen zwis<strong>ch</strong>en linksund<br />
re<strong>ch</strong>tsextremen Gruppen, die 2005 erneut zu<br />
zahlrei<strong>ch</strong>en Auseinandersetzungen führten, vers<strong>ch</strong>ärfte<br />
si<strong>ch</strong> die Lage, na<strong>ch</strong>dem am 9. Juli ein<br />
linker Aktivist in Thun anges<strong>ch</strong>ossen worden war.<br />
Glei<strong>ch</strong>zeitig setzte si<strong>ch</strong> die Tendenz zur Verlagerung<br />
von Aktionen weg von den grossen Ballungszentren<br />
in kleinere Orts<strong>ch</strong>aften fort. Davon<br />
betroffen waren besonders Winterthur und Thun,<br />
aber au<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>affhausen, die<br />
Region St. Gallen, Olten, Solothurn<br />
und Luzern. Die örtli<strong>ch</strong>e<br />
Vers<strong>ch</strong>iebung ers<strong>ch</strong>wert<br />
die Kontrolle dur<strong>ch</strong> die Si<strong>ch</strong>erheitskräfte<br />
und bringt weitere Bevölkerungskreise<br />
in direkten Kontakt mit den Anliegen der<br />
Aktivisten. Dazu dienen seit Ende September<br />
au<strong>ch</strong> die lokal begrenzten so genannten Freitagsaktionen,<br />
die indessen zumeist als unproblematis<strong>ch</strong><br />
einzustufen sind.<br />
BEURTEILUNG<br />
Krise der<br />
Antiglobalisierungsbewegung<br />
Es wäre verfrüht, aus der Krise der Antiglobalisierungsbewegung<br />
s<strong>ch</strong>on ihr baldiges Ende<br />
ableiten zu wollen. Die Krise zeigte si<strong>ch</strong> in Mobilisierungsmüdigkeit,<br />
Uneinigkeit und Orientierungslosigkeit.<br />
Eine der Hauptursa<strong>ch</strong>en dafür<br />
liegt in der Heterogenität der Bewegung. Als<br />
einigendes Band dienten der nur s<strong>ch</strong>wer zu umreissende<br />
Kampf gegen den Neoliberalismus<br />
sowie kurzzeitig der Krieg im Irak. Klare Zielsetzungen<br />
fehlten weitgehend. Zudem stiessen<br />
mit dem Erfolg während der Neunzigerjahre<br />
immer neue Gruppierungen mit oft stark abwei<strong>ch</strong>enden<br />
Zielen und neuen Themen wie Sozialabbau,<br />
Garantie der Freiheitsre<strong>ch</strong>te angesi<strong>ch</strong>ts<br />
der Terrorgefahr oder der Umgang mit dem Islam<br />
dazu, was die inneren Widersprü<strong>ch</strong>e no<strong>ch</strong> verstärkte.<br />
Zu diesen neuen Gruppierungen gehörten<br />
au<strong>ch</strong> linksextreme Gruppen und ihre Mitläufer,<br />
obwohl für sie die Globalisierungskritik ursprüngli<strong>ch</strong><br />
kein Thema gewesen war. Na<strong>ch</strong>dem<br />
die linksextremen Gruppen das enorme Mobilisierungs-<br />
und Rekrutierungspotenzial erkannt<br />
hatten, begannen sie zusehends die Anliegen der<br />
<strong>BERICHT</strong> 2005 2. GEWALTTÄTIGER EXTREMISMUS UND TERRORISMUS<br />
Masse der ni<strong>ch</strong>t gewalttätigen Kritiker für si<strong>ch</strong><br />
zu vereinnahmen und zu radikalisieren. Als<br />
Trittbrettfahrer instrumentalisierten sie die Be-<br />
wegung zunehmend für ihre<br />
eigenen Ziele und missbrau<strong>ch</strong>ten<br />
die Veranstaltungen<br />
zur Ausübung von Gewalt.<br />
Dies diente hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />
der Selbstdarstellung, vers<strong>ch</strong>affte den Globalisierungsgegnern<br />
aber au<strong>ch</strong> jene Publizität,<br />
der sie erst ihren Erfolg verdankten.<br />
In dieser Situation trugen die Auss<strong>ch</strong>reitungen<br />
und Ans<strong>ch</strong>läge vor allem 2003 während des<br />
WEF in Bern und während des G8-Gipfels von<br />
Evian in Genf und Lausanne wesentli<strong>ch</strong> zum<br />
Niedergang der Bewegung bei: In den S<strong>ch</strong>weizer<br />
Medien liess der Themenkreis Auss<strong>ch</strong>reitungen<br />
und staatli<strong>ch</strong>e Gegenmassnahmen die eigentli<strong>ch</strong>en<br />
Anliegen der Globalisierungskritiker immer<br />
stärker in den Hintergrund treten, diskreditierte<br />
so die Bewegung insgesamt, förderte die<br />
Zerrissenheit und führte zu einer umfassenden<br />
Ernü<strong>ch</strong>terung sowie zu einer Selbstbes<strong>ch</strong>ränkung<br />
auf selbst ges<strong>ch</strong>affene Anlässe.<br />
Neuakzentuierung<br />
des Linksextremismus<br />
Die Linksextremen haben dur<strong>ch</strong> ihre selbst<br />
verursa<strong>ch</strong>te Isolation innerhalb der Antiglobalisierungsbewegung<br />
und wegen des konsequenten<br />
Dur<strong>ch</strong>greifens der Polizei besonders bei ni<strong>ch</strong>t<br />
bewilligten Anlässen ihre wi<strong>ch</strong>tigste Plattform<br />
verloren. Die Szene geriet dadur<strong>ch</strong> in eine Krise.<br />
Die Reaktion darauf bestand in einer Erweiterung<br />
und Neuakzentuierung der Anliegen<br />
sowie in taktis<strong>ch</strong>en Veränderungen, die letztli<strong>ch</strong><br />
allesamt auf eine Wiederherstellung der alten<br />
Stosskraft,die Rekrutierung neuer Anhänger und<br />
ganz besonders auf die Wiedergewinnung der<br />
Medienpräsenz abzielen.<br />
Doppelstrategie<br />
Instrumentalisierung der<br />
Bewegung dur<strong>ch</strong> gewalttätigen<br />
Linksextremismus.<br />
Zurzeit verfolgt die linksextreme Szene eine<br />
Doppelstrategie: Einerseits wurde die Globalisierungskritik<br />
vor allem gegen das WEF neu ni<strong>ch</strong>t<br />
nur anlassbezogen, sondern das ganze Jahr über<br />
thematisiert. Die Aktionen zielten auf eine erneute<br />
Massenmobilisierung und damit auf die<br />
Wiedergewinnung der verlorenen Aktionsplattform<br />
ab.<br />
<strong>BERICHT</strong> <strong>INNERE</strong> <strong>SICHERHEIT</strong> <strong>DER</strong> <strong>SCHWEIZ</strong> 25