BERICHT INNERE SICHERHEIT DER SCHWEIZ ... - EJPD - admin.ch
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Hohe Dunkelziffer bei<br />
s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>eren Formen von<br />
Gewaltdelikten.<br />
18 Prozent aller in der Polizeili<strong>ch</strong>en Kriminalstatistik<br />
(PKS) erfassten Anzeigen betrafen im<br />
Jahr 2004 minderjährige Täter und Täterinnen.<br />
Seit 1995 entspri<strong>ch</strong>t dies zwar einem Tiefststand.<br />
Wählt man jedo<strong>ch</strong> Anzeigen gegen Minderjährige<br />
zu Straftatbeständen gegen Leib und Leben<br />
(Tötungen, Körperverletzungen, Drohungen,<br />
Gewalt und Drohungen gegen Beamte und Behörden,<br />
Raub und Brandstiftung) und gegen die<br />
sexuelle Integrität aus, ma<strong>ch</strong>en diese zirka 23<br />
Prozent aller Anzeigen gegen Minderjährige aus.<br />
Ausser bei den Tötungs- und Raubdelikten sowie<br />
der Brandstiftung ist der Anteil Anzeigen gegen<br />
Minderjährige in allen diesen Delikten gegenüber<br />
dem Vorjahr angestiegen. Im Zehnjahresverglei<strong>ch</strong><br />
wird deutli<strong>ch</strong>, wie mehr oder weniger<br />
kontinuierli<strong>ch</strong> die Anzahl Anzeigen gegen Minderjährige<br />
bei den meisten Gewalt- und Sexualdelikten<br />
anstieg.<br />
Au<strong>ch</strong> die Entwicklung der Urteile gegen<br />
Minderjährige in den Jahren 1999 bis 2003 zeigt<br />
einen ansteigenden Trend. Zudem weist eine<br />
2005 an der Universität Lausanne dur<strong>ch</strong>geführte<br />
Befragung von Jugendli<strong>ch</strong>en darauf hin, dass im<br />
Verglei<strong>ch</strong> zu 1992 ni<strong>ch</strong>t nur eine effektive Zunahme<br />
der Anzahl jugendli<strong>ch</strong>er Täter feststellbar,<br />
sondern dass au<strong>ch</strong> die Anzahl verübter Delikte<br />
pro Person gestiegen ist.<br />
Einige Fa<strong>ch</strong>leute vertreten weiterhin die<br />
Meinung, der Anstieg sei vor allem auf eine<br />
gestiegene Sensibilität in der Gesells<strong>ch</strong>aft gegenüber<br />
Gewaltdelikten und auf eine dement-<br />
spre<strong>ch</strong>end erhöhte Anzeigebereits<strong>ch</strong>aft<br />
zurückzuführen.<br />
Andere Experten halten dem<br />
entgegen, dass gerade im Berei<strong>ch</strong><br />
der s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>eren Formen<br />
von Gewaltdelikten wie zum Beispiel Tätli<strong>ch</strong>keiten<br />
eine hohe Dunkelziffer vorhanden sei.<br />
Nur ein sehr kleiner Teil der Jugend<br />
kriminell auffällig<br />
Die Urteilsstatistik des Bundesamtes für Statistik<br />
für 2003 zeigt, dass nur zwei Promille der<br />
minderjährigen Wohnbevölkerung, das heisst der<br />
7- bis 18-Jährigen, wegen Gewaltdelikten verurteilt<br />
wurden. Dieser kleine Prozentsatz ma<strong>ch</strong>t<br />
zweierlei deutli<strong>ch</strong>: Die Anzahl Gewalttaten von<br />
Minderjährigen nahm zwar zu, und es sind Anzei<strong>ch</strong>en<br />
vorhanden, dass si<strong>ch</strong> die Gewalthandlungen<br />
in den letzten Jahren intensivierten, denno<strong>ch</strong><br />
wurde nur ein sehr kleiner Teil der Jugend kriminell<br />
auffällig. Zum anderen waren es aber gerade<br />
<strong>BERICHT</strong> 2005 7. WEITERE ASPEKTE <strong>DER</strong> <strong>INNERE</strong>N <strong>SICHERHEIT</strong><br />
die Gruppen von Intensivtätern, die über längere<br />
Zeit aktiv waren und immer s<strong>ch</strong>werer wiegende<br />
Gewalttaten verübten, die Polizeikräfte banden,<br />
Ängste in der Bevölkerung hervorriefen und<br />
anstiftend auf andere Jugendli<strong>ch</strong>e wirken konnten.<br />
Vor allem die Früherkennung, aber au<strong>ch</strong> angemessene<br />
präventive und repressive Reaktionen<br />
auf Gewalthandlungen dieser Risikogruppen<br />
können helfen, kriminelle Karrieren zu verhindern.<br />
BEURTEILUNG<br />
S<strong>ch</strong>wieriger Umgang<br />
mit Jugendgewalt<br />
Gewaltkriminalität von Jugendli<strong>ch</strong>en ist kein<br />
isoliertes Phänomen. Betra<strong>ch</strong>tet man die Entwicklung<br />
der Anzeigen gegen erwa<strong>ch</strong>sene Personen, ist<br />
der steigende Trend bei den<br />
Körperverletzungen und den<br />
Drohungen no<strong>ch</strong> deutli<strong>ch</strong>er als<br />
bei den Anzeigen gegen Minderjährige.<br />
Die jungen Erwa<strong>ch</strong>senen<br />
(18- bis 25-Jährige) können allerdings<br />
in der Anzeigestatistik ni<strong>ch</strong>t gesondert ausgewiesen<br />
werden. Gerade diese Altersklasse ist aber vor<br />
allem bei Gewaltdelikten eine bekannte Risikogruppe.<br />
Trotz dieser Uns<strong>ch</strong>ärfe lässt si<strong>ch</strong> aber festhalten:<br />
Der Verglei<strong>ch</strong> zwis<strong>ch</strong>en den Anzeigen gegen<br />
Minderjährige und gegen Erwa<strong>ch</strong>sene zeigt,<br />
dass die Zunahme der Gewaltdelikte bei Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
medial überzei<strong>ch</strong>net wird.<br />
Gemäss Expertenkreisen wurden mit den<br />
oben erwähnten hohen Freiheitsstrafen au<strong>ch</strong><br />
Exempel statuiert. Sie sind eine Reaktion auf die<br />
öffentli<strong>ch</strong>e Empörung gegenüber Jugendgewalt,<br />
und man erhofft si<strong>ch</strong> davon eine generalpräventive<br />
Wirkung.<br />
MÖGLICHE ENTWICKLUNG<br />
Keine Unruhen von grösserer<br />
Tragweite zu befür<strong>ch</strong>ten<br />
Gewaltkriminalität von<br />
Jugendli<strong>ch</strong>en ist kein<br />
isoliertes Phänomen.<br />
Grössere, ethnis<strong>ch</strong> geprägte Jugendunruhen<br />
wie etwa in Frankrei<strong>ch</strong> im Herbst 2005 sind in<br />
der S<strong>ch</strong>weiz wenig wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>. Die Kleinflä<strong>ch</strong>igkeit<br />
der S<strong>ch</strong>weiz, die bis anhin relativ gute<br />
soziale Dur<strong>ch</strong>mis<strong>ch</strong>ung in den Quartieren, das<br />
Fehlen ghettoähnli<strong>ch</strong>er Vorstädte und die engmas<strong>ch</strong>igen<br />
sozialen Einri<strong>ch</strong>tungen gelten als protektive<br />
Faktoren gegen Jugendunruhen.<br />
<strong>BERICHT</strong> <strong>INNERE</strong> <strong>SICHERHEIT</strong> <strong>DER</strong> <strong>SCHWEIZ</strong><br />
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