Stand der Ursachen - Mitteldeutsche Psychiatrietage 2011

Poster | Schizophrenie
P13
Arbeitsgedächtnisleistung, Psychopathologie und Gehirnstruktur bei der paranoidhalluzinatorischen
Schizophrenie. Eine voxel-basierte Morphometrie-Studie
K. Zierhut, A. Schulte-Kemna, J. Steiner, J. Kaufmann, B. Bogerts, K. Schiltz, Magdeburg
Morphologische Veränderungen des Gehirns, wie Reduktionen des Volumens der grauen Substanz, sind
bei Patienten mit Schizophrenie vielfach beschrieben und spielen in der Pathophysiologie der paranoidhalluzinatorischen
Schizophrenie höchstwahrscheinlich eine wichtige Rolle. Auf behavioraler Ebene sind
besonders kognitive Defizite wie Störungen des Lang- und Kurzzeitgedächtnisses als schwerwiegende
Probleme zu nennen, die zu einer dauerhaften Einschränkung im sozialen Leben der Patienten führen.
Beide Aspekte - Volumenreduktionen und Störungen des Kurzzeitgedächtnisses (im Folgenden Working
Memory) - stehen besonders mit Veränderungen des präfrontalen und temporalen Kortex im
Zusammenhang.
In jüngster Zeit gibt es vermehrt Hinweise darauf, dass auch die Entstehung schizophrenie-spezifischer
Symptome, wie die Positiv- und Negativsymptomatik, mit morphologischen Veränderungen dieser
Kortexregionen assoziiert sind. Die vorliegende Arbeit untersucht die möglichen Zusammenhänge zwischen
Volumenreduktionen der grauen Substanz, Working Memory Defiziten und der aktuellen Ausprägung der
Positiv- und Negativsymptomatik bei Patienten mit Schizophrenie. Hierzu wurden strukturelle T1gewichtete
3D-MRT-Datensätze von 36 gesunden Kontrollprobanden und 34 schizophrenen Patienten
mittels voxel-basierter Morphometrie ausgewertet. Die Volumina wurden anschließend in einer partiellen
Korrelationsanalyse mit den Leistungsdaten in einem Working Memory Test (klassische 2-back Aufgabe)
sowie dem aktuellen psychopathologischen Status der Patienten korreliert.
Im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden zeigten sich Volumenreduktionen der grauen Substanz im
anterioren Cingulum, dem ventralolateralen und dorsolateralen präfrontalen Cortex sowie dem superior
temporalen Gyrus und der Insula. Volumenreduktionen des superior temporalen Kortex waren sowohl mit
der Performanz im Working Memory Test als auch der Schwere der Positivsymptomatik assoziiert. Des
Weiteren zeigte sich ein direkter Zusammenhang zwischen der Schwere der Negativsymptomatik und der
durchschnittlichen Reaktionszeit im Working Memory Test sowie dem absoluten Volumen an grauer
Substanz im ventrolateralen präfrontalen Kortex.
Diese Befunde weisen darauf hin, dass bei der Entstehung von Working Memory Defiziten bei Patienten mit
Schizophrenie zwei distinkte Pathomechanismen wesentlich sind: Dies ist zum einen ein mit temporaler
Atrophie assoziierter Mechanismus, der sowohl mit der Entstehung der Positivsymptomatik als auch
Working Memory Defiziten einhergeht. Zum anderen besteht ein Zusammenhang präfrontaler
Volumenreduktionen in der grauen Substanz mit einer Verlangsamung der Informationsverarbeitung
(reflektiert durch eine verringerte Reaktionsgeschwindigkeit) und dadurch ebenfalls eine Beeinträchtigung
der Working Memory Performanz. Zusätzlich wird dieser Zusammenhang durch die aktuelle Ausprägung
der Negativsymptomatik moduliert.
8. Mitteldeutsche Psychiatrietage | 75