antriebstechnik 6/2016
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Herausforderungen der systematischen<br />
Getriebesynthese von mehrgängigen<br />
Hybrid- und Automatikgetrieben<br />
Michael Stangl<br />
Bei der Suche nach neuartigen Getriebekonzepten<br />
finden heute verstärkt Programme Anwendung,<br />
welche mögliche Varianten erzeugen, prüfen, nach<br />
Tauglichkeit bewerten und auswählen. Je nach<br />
Anforderung können dies unter Umständen sehr<br />
viele Getriebevarianten sein. Wie lange man genau<br />
bei einer solchen Suche warten muss, bis alle<br />
Möglichkeiten vom Programm erstellt und<br />
verglichen wurden, war bisher nicht abschätzbar.<br />
Neue Hybridgetriebe, Stufenautomaten oder Torque Vectoring<br />
Einheiten bedürfen immer der intelligenten Vernetzung mehrerer<br />
Antriebe und Abtriebe. Ein guter Vergleich mehrerer Konzepte<br />
gelingt nur mit der Erzeugung möglichst vieler Lösungen (wenn<br />
möglich sogar aller möglichen) mit einer folgenden Auswahl der<br />
günstigsten für den jeweiligen Einsatzzweck. Diese programmunterstützte<br />
Vorgehensweise mit „Erstellung, Vergleich und Auswahl“<br />
verschiedener Getriebekonzepte bezeichnet man als “Getriebesynthese”.<br />
Diese Art der Bestimmung von neuartigen Getrieben befindet<br />
sich bereits seit mehreren Jahren im Interesse der Konstrukteure<br />
und Entwickler. [1], [3], [5], [6], [7].<br />
Ingenieure für Getriebeauslegung beschäftigen sich normalerweise<br />
einen Großteil ihrer Zeit mit der konkreten Umsetzung von<br />
einigen wenigen vielversprechenden Getriebekonzepten, welche<br />
sich am Ende normalerweise zu einem einzigen verdichten. Getriebesynthese<br />
hat die Findung dieser bestmöglichen Konzepte zum<br />
Ziel. Dies wird jedoch in vielen Fällen nicht sehr lange betrieben, da<br />
Neukonstruktionen meistens auf Erfahrungswerten oder bestehenden<br />
Getrieben aufsetzen und enge Zeitrahmen vorgegeben werden.<br />
In manchen Fällen ist so ein Vorgehen jedoch nicht möglich. Es sollen<br />
vielmehr möglichst schnell verschiedene neue Konzepte entwickelt<br />
werden. Dies wird mittlerweile häufig durch die sog. „rechnergestützte<br />
Getriebesynthese“ umgesetzt.<br />
Dr. Michael Stangl ehemals ZG GmbH,<br />
seit Oktober 2015 Angestellter der KISSsoft AG<br />
Erzeugung von Mehrgang-Getrieben<br />
Die Herausforderung bei der Getriebe-Synthese besteht im sprunghaften<br />
Anstieg der Verbindungsmöglichkeiten der beteiligten Elemente.<br />
Jede Getriebelösung für eine größere Anzahl von Gängen<br />
besteht aus der Vernetzung von mehreren Elementargetrieben.<br />
Das 8HP von ZF enthält z. B. vier klassische Minusgetriebe, jeweils<br />
bestehend aus Sonne, Steg mit Planeten und Hohlrad. Die Findung<br />
einer guten Lösung besteht im Wesentlichen in der Wahl einer<br />
Vernetzung der Einzelelemente. Um diese direkter zu visualisieren,<br />
beginnt man am besten mit einer abstrakten Darstellung, dem<br />
Graphen des Getriebes.<br />
Betrachtet man nun das 8HP im Schema (Bild 01), kann man<br />
recht leicht auch einen Graphen [4] ableiten, der aus der Verknüpfung<br />
der Graphen von vier elementaren Minusgetrieben aufgebaut<br />
ist. Eine Möglichkeit dieses Schema in einen Graphen zu zeichnen,<br />
zeigt das Bild 02. Dabei sind die fixen Verbindungen (durch Wellen)<br />
und Stufen als durchgezogene Linien und die möglichen Verbindungen<br />
(durch Kupplungen und Bremsen) gestrichelt dargestellt.<br />
Eine Gleichung für die Anzahl der Möglichkeiten<br />
Um nun generelle Aussagen über die Anzahl von überhaupt möglichen<br />
Getriebelösungen bei gegebenen Grundstrukturen zu<br />
machen, empfiehlt sich zuerst eine alleinige Betrachtung der Vernetzungen<br />
von Knoten. Damit erreicht man eine Abzählmöglichkeit<br />
aller möglichen Lösungen und eine Aussage über die Mächtigkeit<br />
dieser Menge. Darüber lässt sich z. B. klären, wie viele<br />
Vernetzungsmöglich keiten durch vier Minusgetriebe entstehen,<br />
bzw. wie stark man durch Festlegung einzelner Bereiche die Anzahl<br />
der zu untersuchenden Möglichkeiten reduzieren kann.<br />
86 <strong>antriebstechnik</strong> 6/<strong>2016</strong>