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Zwischen Arktis Adria und Armenien

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114 Balcanica<br />

des deutsch-französischen Ausgleichs verzögerte ein direktes Engagement im Balkan-Donau-Raum.<br />

Allerdings bot die von Großbritannien geförderte Ausweitung der<br />

Locarno-Verträge zu einem so genannten Balkan-Locarno bereits Gelegenheit zur<br />

Konstruktion eines pro-italienischen Bündnissystems in Südosteuropa.<br />

Die Verhandlungen über ein Balkan-Locarno Ende 1925/Anfang 1926 stellten<br />

eine verdeckte französisch-italienische Auseinandersetzung um die Vorherrschaft im<br />

Südosten dar, die indes von keiner Seite eindeutig entschieden werden konnte. Die<br />

Initiative zu diesem ersten, über bilaterale Abkommen hinausgehenden Bündnisprojekt<br />

Italiens ging von den beiden Mitgliedsstaaten der Kleinen Entente Jugoslawien<br />

<strong>und</strong> Tschechoslowakei aus. Im Palazzo Chigi merkte man jedoch bald, dass diese<br />

Verhandlungen zumindest jugoslawischerseits lediglich deshalb geführt wurden, um<br />

den eigenen Preis gegenüber Frankreich in die Höhe zu treiben. Als dann klar wurde,<br />

dass weder Jugoslawien allein noch die Kleine Entente als Ganze bereit waren, die<br />

französische Hegemonie gegen eine italienische einzutauschen, sondern an einem<br />

dreiseitigen, Italien <strong>und</strong> Frankreich einschließenden Abkommen interessiert waren,<br />

brach Italien die Gespräche ab. Dies hatte die endgültige Orientierung Jugoslawiens<br />

auf Frankreich zur Folge <strong>und</strong> im März 1926 wurde der Plan eines jugoslawisch-französischen<br />

Paktes bekannt gegeben. Die Fronten in Südosteuropa hatten sich damit<br />

geklärt, aber ein Balkan-Locarno war unmöglich geworden. Ein analoger Vertragsabschluss<br />

mit den beiden einzigen Italien verbliebenen Locarno-Partnern, Ungarn<br />

<strong>und</strong> Bulgarien, wäre aufgr<strong>und</strong> des mangelnden politischen Einflusses dieser Staaten<br />

wertlos gewesen.<br />

Mit dem Beginn des Jahres 1926, allgemein als anno napoleonico der italienischen<br />

Außenpolitik bezeichnet, gewann diese noch deutlicher an Dynamik. Jetzt<br />

stand nicht mehr ein auf Ausgleich zwischen Sieger- <strong>und</strong> Verlierermächten in Südosteuropa<br />

zielendes pro-italienisches Bündnis im Vordergr<strong>und</strong>, sondern ein Zusammenschluss<br />

von Staaten mit prononciert antijugoslawischer Zielsetzung. Dies erklärt<br />

auch, dass die italienische Südosteuropapolitik immer aggressivere Züge annahm.<br />

Bereits im Sommer 1925 war ein geheimes militärisches Abkommen mit Albanien<br />

geschlossen worden <strong>und</strong> im Oktober 1926 hatte der „Duce“ gar seinem Generalstabschef<br />

die Teilmobilmachung gegen Jugoslawien befohlen. Bis ins Jahr 1926 hinein<br />

hatten Mussolini <strong>und</strong> seine Strategen einen Plan zur militärischen Zerschlagung des<br />

Rivalen an der <strong>Adria</strong> <strong>und</strong> im Balkan-Donau-Raum griffbereit in der Schublade, den<br />

sie mehrmals hervorholten, im Endeffekt aber aus Furcht vor der französischen Reaktion<br />

jedes Mal wieder zurücklegten.<br />

Im Frühjahr 1926, als klar geworden war, dass ein italienisches Balkan-Locarno<br />

gescheitert war, gewann die Südosteuropapolitik des Palazzo Chigi dennoch Auftrieb,<br />

<strong>und</strong> dies dadurch, dass das Foreign Office zu weitreichender Unterstützung<br />

Italiens gegen Frankreich entschlossen war. Dies war auf die Ankündigung des französisch-jugoslawischen<br />

Paktes zurückzuführen gewesen. Mit britischer Rückendeckung<br />

machte sich Italien jetzt an die Verwirklichung eines weiteren ehrgeizigen<br />

Planes: Frankreich sollte dadurch aus Südosteuropa verdrängt werden, dass sein<br />

Instrument, die Kleine Entente, unbrauchbar gemacht werden würde. Dies sollte<br />

einerseits durch das Herausbrechen Rumäniens aus diesem Bündnis sowie ande-

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