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Zwischen Arktis Adria und Armenien

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Silesia balcanica 151<br />

das heimische Gebirgsdorf erwirkte. In den folgenden zwanzig Jahren war Stavros<br />

durchgängig das Objekt von Überwachung <strong>und</strong> zum Teil Misshandlung durch Polizei<br />

<strong>und</strong> Geheimdienst Griechenlands, da er als „Kommunist“ <strong>und</strong> „Slawenfre<strong>und</strong>“<br />

verdächtigt wurde. Der Besuch eines polnischen Standes auf einer Industriemesse in<br />

Thessaloniki trug ihm gar eine Gefängnisstrafe ein. Im Interview mit Danforth unterteilte<br />

Stavros sein Leben in zwei f<strong>und</strong>amental verschiedene Abschnitte: Die in jeder<br />

Hinsicht aufregenden Jahre in Polen <strong>und</strong> die anschließenden bleiernen Jahrzehnte in<br />

Griechenland. 18<br />

Aber auch in Polen hatte das Leben der Bürgerkriegsflüchtlinge düstere Seiten.<br />

Nach 1952 wurden 3000 von ihnen aus Niederschlesien in die Beskiden umgesiedelt,<br />

wo in Krościenko bei Ustrzyki Dolne eine griechischsprachige LPG namens „Nea<br />

Zoi“ (Neues Leben) gebildet wurde. Auch in den umliegenden Dörfern Liskowate,<br />

Moczary, Jureczkowa, Wojtkowa, Grąziowa <strong>und</strong> Trzcianiec wurden griechische <strong>und</strong><br />

makedonische LPG-Arbeiter angesiedelt. Es handelt sich dabei um eine schwer zugängliche<br />

<strong>und</strong> klimatisch schwierige Region, die kurz zuvor in menschenleerem Zustand<br />

von der Sowjetunion im Austausch gegen einen anderen Grenzstreifen an Polen<br />

abgetreten worden war. 19 Die abgelegene LPG diente der stalinistischen Führung der<br />

griechischen Exil-KP zugleich als Verbannungsort für missliebige Parteimitglieder,<br />

darunter vor allem Makedonier. Dem makedonischen Historiker Risto Kirjazovski<br />

zufolge wurden die Verbannten in „Brigaden der Abtrünnigen“ zur Zwangsarbeit im<br />

Kanalbau eingesetzt. 20 Und dem Pariser Historiker griechischer Herkunft Ilios Yannakakis<br />

zufolge, selbst Bürgerkriegsflüchtling in der Tschechoslowakei <strong>und</strong> Funktionär<br />

der Kommunistischen Partei Griechenlands, war Krościenko „ein Kolchose-<br />

Lager, in dem vor allem slavo-mazedonische Oppositionelle gefangen gehalten wurden.<br />

Die kommunistische Partei [Griechenlands] hatte eine Sicherheitstruppe zur<br />

Überwachung des Lagers aufgebaut. Die Bedingungen waren extrem: Vasilis Panos,<br />

der an der Spitze dieser Sicherheitspolizei stand, gab zu, dass zur Hinrichtung der<br />

Verurteilten keine Feuerwaffen eingesetzt wurden. Das Opfer wurde mit Stockschlägen<br />

schlichtweg zu Tode geprügelt.“ 21<br />

18 Danforth, Loring: „We Crossed a Lot of Borders“: Refugee Children from the Greek Civil War Who<br />

Returned to Greece. Ms. eines Vortrags auf dem internationalen Colloquium „The Child Refugees<br />

from Greece in Eastern and Central Europe after World War II“. Joseph Károlyi Fo<strong>und</strong>ation, Fehérvárcsurgó,<br />

Ungarn, 3.–4. Oktober 2003.<br />

19 Vgl. die Karte „Osadnictwo ludności greckiej i macedońskiej w Bieszczadach“ [Die Ansiedlung<br />

griechischer <strong>und</strong> makedonischer Bevölkerung im Bieszczady-Gebirge] bei Wojecki: Uchodźcy polityczni,<br />

S. 52; Biernacka, Maria: Greek Refugees in the Bieszczady Mountains. Processes of Adaption<br />

and Integration. In: Ethnologia Polonica 7 (1981), S. 35–45; dies.: Osady uchodźców greckich w<br />

Bieszczadach [Siedlungen griechischer Flüchtlinge im Bieszczady-Gebirge]. In: Etnografia Polska<br />

17 (1973), S. 83–93; Maryański, Andrzej: Mniejszość grecka w wojewódstwie Rzeszowskim [Die<br />

griechische Minderheit in der Wojewodschaft Rzeszów]. In: Czasopismo geograficzne 33 (1962),<br />

S. 362–363.<br />

20 Kirjazovski: Makedonskata politička emigracija, S. 186 <strong>und</strong> 250.<br />

21 Yannakakis, Ilios: Die griechischen Opfer des Kommunismus. In: Courtois, Stéphane/Galli, Berthold/Rullkötter,<br />

Bernd: Das Schwarzbuch des Kommunismus 2: Das schwere Erbe der Ideologie.<br />

München/Zürich 2004, S. 447–468 <strong>und</strong> 521f., hier S. 466.<br />

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