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Zwischen Arktis Adria und Armenien

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Gemeinschaftsbildung durch Geschichtspolitik? 337<br />

die geschichtspolitischen Forderungen des Parlaments im symbolischen Bereich –<br />

23. August – akzeptierte, aber auf die institutionellen (<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen finanziellen)<br />

Konsequenzen mit dem Verweis auf bestehende EU-Fördermöglichkeiten<br />

unverbindlich antwortete. Damit gaben sich Sandra Kalniete <strong>und</strong> ihre parlamentarischen<br />

Mitstreiter aber nicht zufrieden. Hartnäckig traten sie für eine neue EU-Geschichtspolitik<br />

ein, <strong>und</strong> dies mit Erfolg, wie die weiteren Entwicklungen des Jahres<br />

2011 – das erstmalige Begehen des neuen EU-Gedenktags 23. August unter polnischer<br />

Ratspräsidentschaft in Warschau sowie die Gründung der „Plattform für das<br />

Gedächtnis <strong>und</strong> das Gewissen Europas“ in Anwesenheit der Regierungschefs Polens,<br />

der Tschechischen Republik <strong>und</strong> Ungarns am 14. Oktober in Prag – zeigten.<br />

An den Feierlichkeiten am 23. August 2011 in Warschau nahmen neben dem amtierenden<br />

EU-Ratspräsidenten <strong>und</strong> polnischen Premierminister Donald Tusk EU-Parlamentspräsident<br />

Buzek <strong>und</strong> Justizkommissarin Vivian Reding als Vertreterin der<br />

EU-Kommission sowie etliche Justizminister der Mitgliedstaaten <strong>und</strong> aus Kroatien<br />

teil. Ein politisch bedeutsames Signal setzte die „Warschauer Erklärung aus Anlass<br />

des Europäischen Gedenktags für die Opfer totalitärer Regime“, in welcher die Signatare,<br />

nämlich Buzek für das Parlament <strong>und</strong> die Vertreter der Justizministerien<br />

von 15 EU-Staaten (neben ostmitteleuropäischen Vertretern waren auch solche aus<br />

Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal, Spanien <strong>und</strong> Schweden anwesend), eine<br />

enge Verbindung zwischen der Erinnerung an die Opfer von Verbrechen in totalitären<br />

Vergangenheiten <strong>und</strong> der Notwendigkeit der justiziellen Aufarbeitung dieser<br />

Gewaltakte postulierten. 65 Bei aller starken Rhetorik enthielt diese Erklärung keine<br />

einzige Forderung oder Konkretisierung. Hatten 2011 Staaten wie Polen, Ungarn <strong>und</strong><br />

Kroatien den 23. August erstmals als offiziellen Feiertag begangen, ließ die Aufmerksamkeit<br />

bereits 2012 deutlich nach. Immerhin führte Slowenien damals den<br />

Gedenktag neu ein.<br />

Die genannte Verbindung zwischen Totalitarismuserinnerung <strong>und</strong> gerichtlicher<br />

Aufarbeitung kennzeichnet auch die Programmatik <strong>und</strong> das Agieren der „Plattform<br />

für das Gedächtnis <strong>und</strong> das Gewissen Europas“. Deren Gründung erfolgte nach mehrjähriger<br />

Lobbyarbeit nicht zuletzt deshalb in Prag, weil das Plattform-Sekretariat<br />

dem staatlichen tschechischen Institut zum Studium totalitärer Regime (Ústav pro<br />

studium totalitních režimů) angegliedert ist. Die Plattform, deren Finanzierung anschubweise<br />

aus Mitteln der Visegrád-Kooperation (V 4) der vier mitteleuropäischen<br />

EU-Mitglieder Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn <strong>und</strong> Polen erfolgt, hat derzeit<br />

43 Mitgliedsorganisationen aus Ostmittel- <strong>und</strong> Südosteuropa sowie aus Deutschland.<br />

Ihr Präsident Göran Lindblad ist ein ehemaliger konservativer Abgeordneter im<br />

schwedischen Reichstag. 66 Hauptziele der Plattform sind dem Übereinkommen der<br />

Gründer zufolge:<br />

65 Warsaw Declaration on the Occasion of the European Day of Remembrance for Victims of Totalitarian<br />

Regimes, 23 rd of August 2011, URL: http://www.memoryandconscience.eu/wp-content/uploads/<br />

2011/08/warsaw_declaration.pdf, letzter Zugriff: 05.10.2016.<br />

66 Vgl. die Website der Plattform: URL: http://www.memoryandconscience.eu, letzter Zugriff:<br />

05.10.2016, deren Geschäftsführerin die tschechische Biologin Neela Winkelmann-Heyrovská ist.<br />

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