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Zwischen Arktis Adria und Armenien

978-3-412-50757-2_OpenAccess

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Chronologie einer gescheiterten Prävention 171<br />

gekommen sind, darunter 114 Sonderpolizisten <strong>und</strong> 462 Soldaten, 73 sowie – last but<br />

not least – die Staatengemeinschaft, die zwar bis Ende Mai keine Todesopfer, jedoch<br />

einen gravierenden Vertrauensverlust bezüglich ihrer Fähigkeit zu vorausblickender<br />

Präventivdiplomatie, friedlicher Konfliktbearbeitung <strong>und</strong> entschlossenem Krisenmanagement<br />

zu verzeichnen hatte.<br />

Wie im Falle des Krieges in Bosnien <strong>und</strong> Herzegowina der Jahre 1992–1995 hinkte<br />

auch im 1989 eskalierenden Konflikt um Kosovo sowie im 1998 ausgebrochenen<br />

Kosovo-Krieg die aufgr<strong>und</strong> divergierender nationaler Interessen nur sehr schleppend<br />

erfolgende Willensbildung der internationalen Gemeinschaft dem Konflikt- <strong>und</strong><br />

Kriegsverlauf hinterher.<br />

Im Unterschied zum bosnisch-herzegowinischen Fall aber kam es nicht zu einem<br />

mehrjährigen „Triumph des fehlenden Willens“ (James Gow 74 ), sondern „lediglich“<br />

zu einer um r<strong>und</strong> ein Jahr verspäteten Willensbildung. Erst als die Kontaktgruppe<br />

dreizehn Monate nach dem Drenica-Massaker mit ihrem serbische <strong>und</strong> albanische<br />

Interessen ausbalancierenden Rambouillet-Plan in Belgrad auf Granit biss, stimmten<br />

die 19 NATO-Mitgliedstaaten für die militärische Option. Und erst seit der dadurch<br />

beschleunigten Austreibung der Kosovo-Albaner durch das Belgrader Regime kam<br />

die Staatengemeinschaft von ihrer Festlegung auf die Unveränderbarkeit der Grenzen<br />

Rumpf-Jugoslawiens ab.<br />

Bezüglich des künftigen Status der Provinz werden seitdem neben der Autonomie<br />

innerhalb der Teilrepublik Serbien die Idee eines internationalen Protektorates, wie<br />

sie die kosovoalbanische Führung schon seit 1991 als Vorstufe zur Eigenstaatlichkeit<br />

gefordert hatte, desgleichen die Vorstellung einer Teilung der Provinz sowie eben<br />

die staatliche Unabhängigkeit ventiliert. 75 Das Festhalten der Staatengemeinschaft<br />

an den „Prinzipien der Souveränität <strong>und</strong> territorialen Integrität der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Jugoslawien“, wie in der Resolution der G-8-Außenminister vom 6. Mai 1999 <strong>und</strong><br />

in der UN-Resolution 1244 vom 10. Juni geschehen, ist daher bestenfalls temporär,<br />

wenn nicht gar bloße Rhetorik. 76<br />

Die ausschließliche Festlegung auf den Verbleib des Kosovo innerhalb Serbiens,<br />

wie sie die Staatengemeinschaft 1991 vorgenommen hat, war zweifelsohne einer der<br />

Fehler, welche die präventiv-diplomatischen Bemühungen am stärksten behindert<br />

haben. Denn ein Offenlassen dieser Frage hätte gegenüber Belgrad als Druckmittel<br />

bezüglich kooperativen Verhaltens, gegenüber den Kosovoalbanern als Anreiz dazu<br />

gewirkt. Zugleich ist aber auch zu fragen, ob die vorrangige Behandlung eben der<br />

73 Milosevic: Unser Militär hat der Welt gezeigt, wie man seine Nation verteidigen soll, in Frankfurter<br />

Allgemeine Zeitung, 12.6.1999, S. 2.<br />

74 James Gow: Triumph of the Lack of Will: International Diplomacy and the Yugoslav War. London<br />

1997.<br />

75 Zu den Optionen „1974 (Plus)“, „Kosova Republika“, „Balkania“, Teilung <strong>und</strong> Regionalisierung vgl.<br />

Troebst: Conflict in Kosovo, S. 12–15.<br />

76 Resolution 1244 (1999) Adopted by the UN-Security Council at its 4011 th meeting on 10 June 1999.<br />

Annex 1; Annex 2, pt. 5 (https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N99/172/89/PDF/<br />

N9917289.pdf?OpenElement, letzter Zugriff: 04.10.2016).<br />

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