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Zwischen Arktis Adria und Armenien

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Warum wurde Finnland nicht sowjetisiert? 201<br />

beiden westlichen Hauptalliierten, wohingegen sich die sowjetische Abteilung in der<br />

Kommission für Italien mit der Rolle eines – so die interalliierte Sprachregelung: –<br />

„passive third observer“, eines bloßen Zuschauers also, bescheiden musste <strong>und</strong> auch<br />

bereitwillig beschied. Dies geschah, wie sich zeigen sollte, in weiser Voraussicht: In<br />

den südosteuropäischen Kontrollkommissionen konnte die UdSSR den Angloamerikanern<br />

so denselben marginalen Status zuweisen, den sie in der italienischen Kommission<br />

innehatte. Dies jedoch führte in Bukarest, Sofia <strong>und</strong> Budapest zu ständigen<br />

interalliierten Querelen, zumal mit den britischen Vertretern, die auf das Prozentabkommen<br />

zwischen Stalin <strong>und</strong> Churchill pochten. Anders in Finnland, wo die USA<br />

in der Kommission nicht vertreten waren, da Washington, wie gesagt, eine Kriegserklärung<br />

an Helsinki vermieden hatte, <strong>und</strong> wo die britische Seite sich ihrerseits<br />

freiwillig auf bloßes Beobachten beschränkte. Die sowjetischen Kontrolloffiziere<br />

im Helsinkier Hotel „Torni“ argwöhnten im finnischen Fall also kein klandestines<br />

Einvernehmen zwischen westalliierten Vertretern <strong>und</strong> einheimischen Konservativen,<br />

unternahmen folglich wesentlich weniger häufig präventive Interventionen in die Innenpolitik<br />

Finnlands als in diejenige der südosteuropäischen Verliererstaaten. 32<br />

Von großer Bedeutung war weiter der Umstand, dass die Kontrollkommission für<br />

Finnland im Unterschied zu den anderen Kommissionen keinerlei Zensurvollmachten<br />

besaß, sowie vor allem die Zusammensetzung der Kommissionsleitung. Während<br />

die Führungsspitzen sowohl der sowjetischen Teile der übrigen Kontrollkommissionen<br />

wie der sowjetischen Militärverwaltungen in Europa fast ausschließlich aus<br />

Berufsmilitärs bestanden, war dies im finnischen Fall anders: Chef der Kontrollkommission<br />

war hier ein berufsmäßiger Parteifunktionär, der bereits erwähnte Andrej A.<br />

Ždanov, Politbüromitglied <strong>und</strong> mächtiger Gebiets- <strong>und</strong> Stadtparteichef von Leningrad.<br />

Ihm, der als Exekutor der Sowjetisierung des annektierten Estland 1940 bereits<br />

einschlägige Erfahrung gesammelt hatte, war für seine neue Funktion in Helsinki<br />

kurzerhand der Generalsrang verliehen worden.<br />

Option Nr. 3: „Tschechoslowakisches Modell“<br />

Die seit 1943 vorrangig verfolgte zweite Option sowjetischer Finnlandpolitik, also<br />

die Einführung des „volksdemokratischen Modells“ mittels indirekten Drucks einer<br />

Besatzungsverwaltung, war durch die Entscheidung zur Nicht-Besetzung des Landes<br />

vom Sommer 1944 obsolet geworden. Stattdessen wurde nun die dritte der genannten<br />

Optionen, also die Machtübernahme der finnischen Kommunisten ohne Hilfsstellung<br />

New York, NY, 1985; Stojan Pintev: Načalna dejnost na Săjuznata kontrolna komisija v Bălgarija (oktomvri<br />

1944 – januari 1945g.), in: Istoričeski pregled, 35 (1979), H. 4–5, S. 196–204; <strong>und</strong> ders.: The<br />

Outer Factor and the Political History of Bulgaria (1944–1947), in: Étudcs historiques, 14 (1990),<br />

S. 204–219.<br />

32 Zur Alliierten Kontrollkommission für Finnland vgl. Polvinen, Between East and West, S. 57–82, <strong>und</strong><br />

Tatyana Androsova: The Allied Control Commission in Finland, 1944–47: Zig-zags in the Tactical<br />

Line, in: Jukka Nevakivi (Ed.): Finnish-Soviet Relations, 1944–48. Helsinki 1994, S. 44–67.<br />

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