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Zwischen Arktis Adria und Armenien

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Die „Griechenlandkinder-Aktion“ 1949/1950 271<br />

land“ zusammengefasst. 57 In den ersten Jahren wurde die neue Institution von der<br />

Volkssolidarität geleitet, im weiteren Verlauf der fünfziger Jahre dann von einer<br />

dem Ministerium für Volksbildung in Berlin unterstellten <strong>und</strong> deutsch-griechisch<br />

besetzten Neugründung namens Komitee „Freies Griechenland“, die zugleich als<br />

Bindeglied zur KKE fungierte. Die Gründe für die Wahl Radebeuls als Standort<br />

waren zum einen infrastruktureller Art, wobei neben dem genannten Gebäudekomplex<br />

auch die Versorgungssituation im Raum Dresden sowie die räumliche Nähe zur<br />

Landeshauptstadt eine Rolle spielten. Denn dadurch war es möglich, Jugendlichen<br />

aus dem Heimkombinat Lehrstellen in Dresdner Großbetrieben zuzuweisen. Zum<br />

anderen stand die Standortwahl in ursächlichem Zusammenhang mit der Tatsache,<br />

dass im Zuge der Gründung der DDR im Oktober 1949 die sowjetische Militärpräsenz<br />

insgesamt reduziert <strong>und</strong> somit auch Teile des von Anfang 1950 an sukzessive<br />

freiwerdenden Radebeuler Militärareals, darunter das genannte Schulgebäude, vom<br />

Heimkombinat übernommen werden konnten. 58<br />

Im Herbst 1949 vereinbarten der genannte griechische Unterhändler Kokkalis <strong>und</strong><br />

seine deutschen Verhandlungspartner einen weiteren Transport mit bis zu 700 Flüchtlingskindern<br />

– eine Zahl, die am 10. März 1950 vom ZK der SED bestätigt wurde. 59<br />

Entsprechend trafen am 1. Juli 1950 per Zug 720 Minderjährige im Alter von acht<br />

bis 17 Jahren im neuen Radebeuler Heimkombinat ein. Die meisten von ihnen waren<br />

bereits 1948 aus den Kampfzonen Griechenlands evakuiert <strong>und</strong> in Heime im<br />

benachbarten Bulgarien gebracht worden, wo viele von ihnen schwer an Tuberkulose,<br />

Hautkrankheiten <strong>und</strong> Meningitis erkrankten. 60 Ebenfalls im Juli 1950 wurden<br />

26 griechische <strong>und</strong> 39 deutsche Erzieher sowie 45 griechische <strong>und</strong> deutsche Lehrer<br />

57 Hauptabteilungsleiter Riesner (VII 1 A) im Sächsischen Ministerium für Volksbildung an das Ministerium<br />

für Volksbildung in Berlin, Dresden, 25. Juli 1950. In: Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden,<br />

Landesregierung Sachsen, Ministerium für Volksbildung, 405; Stand der griechischen Kinderheimat,<br />

o. O., o. D. [21. Juli 1950]. Ebd. – Die Eröffnung des Heimkombinats fand am 20. August 1950 statt.<br />

Siehe die Fotografie in Komitee Freies Griechenland (Hrsg.): 10 Jahre DDR. Deka chronia, S. 19.<br />

58 Zur sowjetischen Präsenz in Radebeul siehe Welsh, Helga: Sachsen. In: Broszat, Martin, Hermann<br />

Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch. Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen<br />

<strong>und</strong> ihre Führungkräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschland 1945–1949. München<br />

1990, S. 126–146, hier S. 133, <strong>und</strong> den Abschnitt „Schulgeschichte“ auf der Homepage des Lössnitz-<br />

Gymnasiums Radebeul (URL http://www.loessnitzgymnasium.de, letzter Zugriff: 05.10.2016).<br />

59 Stergiou: Die Beziehungen zwischen Griechenland <strong>und</strong> der DDR, S. 39.<br />

60 Ministerium für Volksbildung der DDR, Hauptabteilung Unterricht <strong>und</strong> Erziehung, Abt. Jugendhilfe<br />

<strong>und</strong> Heimerziehung: Über die Sitzung mit Vertretern der Volkssolidarität <strong>und</strong> der Hauptabteilung Unterricht<br />

<strong>und</strong> Erziehung des Volksbildungsministeriums Sachsen in Radebeul bei Dresden [zur] Unterbringung<br />

der am 1.7.1950 in Deutschland ankommenden Griechenlandkinder, Berlin, 16. Juni 1950.<br />

In: B<strong>und</strong>esarchiv Berlin, DR 2 (Ministerium für Volksbildung), 6046. Anstelle von 720 Kindern führt<br />

Stergiou die Zahl 900 an. Vgl. Stergiou: Die Beziehungen zwischen Griechenland <strong>und</strong> der DDR,<br />

S. 40. Gleichfalls „ca. 900 griechische Kinder <strong>und</strong> Jugendliche“ nennen Alexiou, Konstantinos, Athanassios<br />

Karagiannis: Griechen in Leipzig nach 1945. In: Europa-Haus Leipzig (Hrsg.): Griechen in<br />

Leipzig, S. 46–47, hier S. 46.<br />

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