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Zwischen Arktis Adria und Armenien

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Friedrich Braun <strong>und</strong> die Leipziger Russlandgeschichtsschreibung 389<br />

Fragestellungen gewidmet, <strong>und</strong> das in einer Zeit, in der die historische Osteuropaforschung<br />

in Deutschland nahezu ausschließlich diplomatie- <strong>und</strong> politikgeschichtlich<br />

ausgerichtet war. Georg Sacke porträtierte in dem Heft Katharina II. im Kampf um<br />

Thron <strong>und</strong> Selbstherrschaft, Werner Markert, der sich als NSdAP-Mitglied Hoffnungen<br />

auf die Braun-Nachfolge machte, beschrieb „Die politische Soziologie in<br />

Rußland“, Wilhelm Graf setzte „Grimmelshausen <strong>und</strong> Rußland“ zueinander in Beziehung,<br />

Walter Hinz beleuchtete „Peter den Großen <strong>und</strong> die Baukunst des Barock“<br />

<strong>und</strong> Brauns Adoptivsohn Maximilian Braun, später in Göttingen als Slavist lehrend,<br />

behandelte „Die islamischen Slawen in Bosnien-Herzegowina <strong>und</strong> den westeuropäischen<br />

Kultureinbruch“. Entsprechend konstatierte Goetz in seinem Vorwort:<br />

Ein stattlicher Kreis von Schülern zeigt sich in der bescheidenen Festgabe, die dem 70. Geburtstag<br />

Friedrich Brauns gelten soll: er möge mit Genugtuung mustern, was er in wenigen<br />

Jahren in Leipzig geschaffen hat. Der Aufschwung dieser osteuropäischen Abteilung ist<br />

so überraschend groß, daß nicht nur aufrichtigst gedankt werden muß, sondern daß sich<br />

die osteuropäische Abteilung <strong>und</strong> das Gesamtinstitut für Kultur- <strong>und</strong> Universalgeschichte<br />

nichts Besseres wünschen können als lange Fortsetzung einer so fruchtbaren Tätigkeit!<br />

Ungeachtet seiner erfolgreichen Doktorandenausbildung, seiner bibliothekarischen<br />

Aktivitäten, vielfältigen wissenschaftspolitischen Funktionen <strong>und</strong> der Zeitzeugenschaft<br />

kritischer Perioden in der Geschichte Russlands wie Deutschlands galt Brauns<br />

eigentliches Interesse der – ferneren – Vergangenheit, <strong>und</strong> insofern ist der historisch<br />

arbeitende Philologe Braun dann doch zu einem Gutteil auch ein professioneller Historiker.<br />

Ich will dies mit einem abschließenden Zitat belegen, das einem Brief Brauns<br />

an seinen Kollegen <strong>und</strong> Leipziger Vorgänger Karl Stählin in Berlin aus dem Dezember<br />

1930 entnommen ist:<br />

Ich persönlich fühle mich in diesem Semester schon deswegen wohler, weil ich fast ausschließlich<br />

in Altrußland stecke: dort ist’s mir am wohlsten, – schon immer gewesen, <strong>und</strong><br />

jetzt erst recht. Das, was man persönlich gesehen <strong>und</strong> miterlebt hat (<strong>und</strong> ich lebe ja seit<br />

1862 mit!) wirkt sich auch in der Macht der Lieblingsthemata nicht immer anziehend aus.<br />

Ich fühle darin einen gewissen Gegensatz zu den meisten meiner Kollegen <strong>und</strong> mache mir<br />

oft einen Vorwurf daraus. Ist es nicht lächerlich, daß einem die Warägerfrage oder die Entstehung<br />

der russischen Autokratie als Forschungsobjekt lieber sein kann als – die Heilige<br />

Allianz? Das verhindert aber nicht, daß ich mich auf Ihre Darstellung derselben von Herzen<br />

freue [. . . ].<br />

Friedrich Braun war für die Leipziger historische Osteuropaforschung von zentraler<br />

Bedeutung. Von Stählins kurzem Intermezzo 1919/1920 abgesehen war Braun es,<br />

der das Fach in Leipzig schulebildend begründete. Zwar fand er im Dritten Reich<br />

keinen Nachfolger, da die sächsische Hochschulpolitik von der Chimäre einer „Südosteuropa-Universität<br />

Leipzig“ geblendet war, doch hielt die Wirkung seines späten<br />

Leipziger Lebenswerks bis zum Neubeginn des Faches in der Sowjetischen Besatzungszone<br />

unter Walter Markov an. Erst mit dessen Parteiausschluss 1951 <strong>und</strong> seiner<br />

dadurch erzwungener Umorientierung auf Afrika <strong>und</strong> Frankreich, schon gar mit der<br />

Berufung des parteitreuen Außenseiters Basil Spirus 1954, endete die Braun’sche<br />

Traditionslinie. Die von seinen Schülern angestoßene russlandbezogene Kulturge-<br />

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