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Zwischen Arktis Adria und Armenien

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Friedrich Braun <strong>und</strong> die Leipziger<br />

Russlandgeschichtsschreibung in der<br />

<strong>Zwischen</strong>kriegszeit<br />

[2004]<br />

Friedrich Braun beziehungsweise Fëdor Aleksandrovič Braun war ein in mehrfacher<br />

Hinsicht ungewöhnlicher deutscher Osteuropahistoriker: Geboren 1862 in einer<br />

deutschen Arztfamilie in Sankt Petersburg, war er Untertan des Zaren, dann Sowjetbürger<br />

(erst 1925 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft); von seiner Ausbildung<br />

<strong>und</strong> seinem Berufsweg her war er Philologe – mit dem Schwerpunkt auf der älteren<br />

germanischen Sprachwissenschaft –, nicht etwa Historiker; <strong>und</strong> zum Zeitpunkt seiner<br />

Berufung auf das seit Karl Stählins Weggang 1920 verwaiste Extraordinariat für<br />

osteuropäische Geschichte an der Universität Leipzig 1926 war er bereits 64 Jahre<br />

alt. 1930, als er zum ordentlichen Professor ernannt wurde, war er folglich 68 –<br />

<strong>und</strong> wurde gebeten, zwei weitere Jahre im Amt zu bleiben. Und 1932, nunmehr 70,<br />

erfolgte eine neuerliche Bitte um ein Jahr Verlängerung. Im Mai 1933, mit 71 Jahren,<br />

beantragte er angesichts der nationalsozialistischen Hochschulpolitik, genauer<br />

der politisch begründeten Entlassung seines wohl begabtesten, aber auch schwierigsten<br />

Schülers Georg Sacke, seine endgültige Emeritierung – um wissenschaftlich<br />

weiterhin aktiv zu bleiben, was ihm indes die nationalsozialistische Gesetzgebung<br />

zunehmend erschwerte. Im Juni 1942, kurz vor seinem 80. Geburtstag, starb Friedrich<br />

Braun in Leipzig.<br />

Brauns späte Leipziger Emeritierung war bereits die zweite in seinem Leben,<br />

denn im Kriegsjahr 1915 war er seiner deutschen Herkunft wegen als Professor<br />

für germanische Philologie an der Petersburger Universität schon einmal, <strong>und</strong> zwar<br />

zwangsweise, emeritiert worden. Nach der Oktoberrevolution wurde seine Emeritierung<br />

rückgängig gemacht <strong>und</strong> Braun übernahm eine Reihe von Führungsfunktionen<br />

an Petrograder Hochschulen <strong>und</strong> Forschungseinrichtungen sowie Beratungsfunktionen<br />

im Narkompros, dem Volkskommissariat für Bildungswesen. Dieses beauftragte<br />

ihn im März 1920, im Zuge einer dreisemestrigen(!) Dienstreise nach Schweden, Dänemark<br />

<strong>und</strong> Deutschland den Forschungsstand der internationalen germanistischen<br />

Altertumsforschung zu ermitteln sowie vor allem die bibliographische Lücke, die<br />

der Weltkrieg für die russische Wissenschaft gerissen hatte, zu schließen. Zu diesem<br />

Zwecke ließ sich Braun zunächst vorübergehend in Leipzig nieder, wo er sich der<br />

Universität als Germanistik-Dozent <strong>und</strong> Russisch-Lektor anbot <strong>und</strong> 1921 den Ehrendoktorhut,<br />

1922 dann den Titel eines Honorarprofessors für germanische Philologie<br />

erhielt. Brauns Verbindungen nach Leipzig rühren von einer peregrinatio academica<br />

1885–1888 nach Deutschland, in die Schweiz, nach Frankreich <strong>und</strong> Großbritannien<br />

her, bei der er in Freiburg im Breisgau bei dem künftigen Leipziger Sprachwissenschaftler<br />

Karl Brugmann studierte. Auch lernte er 1910 in Sankt Petersburg Karl<br />

Stählin kennen, der 1919/1920 russische Geschichte in Leipzig lehren sollte. Seinen

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