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Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017 22151<br />

Katrin Göring-Eckardt<br />

(A)<br />

entages eine anständige Debatte aufzusetzen, die wir eigentlich<br />

in jedem Jahr hatten – vielleicht war Ihnen Ihre<br />

Bilanz selbst zu peinlich –, aber dafür, wenigstens für die<br />

Debatte über die Situation von Frauen in diesem Land,<br />

muss Zeit sein.<br />

steht. Gestern konnte man das in ganz Deutschland sehr<br />

deutlich und sehr eindrücklich sehen. Die Frauen sind in<br />

diesem Land schon auf der Straße, aber sie haben offensichtlich<br />

immer noch viel zu wenig Lobby in diesem Parlament<br />

und vor allen Dingen in dieser Regierung.<br />

(C)<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

und bei der LINKEN)<br />

Recht auf Rückkehr auf Vollzeit. Viel zu oft reduzieren<br />

Frauen für Familie und Kind die Arbeitszeit und können<br />

später nicht auf eine Vollzeitstelle zurückkehren. Das<br />

Rückkehrrecht steht im Koalitionsvertrag. Bis heute gibt<br />

es aber nicht mal einen Entwurf dazu. Vier vergeudete<br />

Jahre für die Frauen! So muss man es sagen, meine Damen<br />

und Herren.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

sowie bei Abgeordneten der LINKEN –<br />

Marianne Schieder [SPD]: Oje, oje!)<br />

Die Frauenquote. Da, wo es sie gibt, wirkt sie. Aber<br />

für wie viele gilt sie? Für 101 Unternehmen von 3 500<br />

börsennotierten! Da hat doch die gläserne Decke noch<br />

nicht mal einen Sprung bekommen.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

sowie bei Abgeordneten der LINKEN)<br />

Ja, die Errungenschaften der Gleichstellung stehen<br />

offensichtlich wieder zur Debatte. Die AfD macht sich<br />

lustig über vermeintliches Gender-Gaga. Forscherinnen<br />

und Forscher, die sich mit Geschlechterfragen auseinandersetzen,<br />

werden zurzeit massiv angefeindet – in diesem<br />

Land massiv angefeindet. Ich finde, wir sollten uns gemeinsam<br />

vor diese Forscherinnen und Forscher stellen.<br />

Es kann nicht sein, dass über Frauenfragen nicht mehr<br />

geforscht werden kann, dass über Genderfragen nicht<br />

mehr geforscht werden kann, ohne dass man in diesem<br />

Land Hassmails und -postings bekommt, meine Damen<br />

und Herren.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

und bei der LINKEN)<br />

(B)<br />

Statt Entgeltgleichheit bekamen wir dank der Blockierunion<br />

ein Transparenzgesetz. Nur bei Unternehmen mit<br />

mehr als 200 Beschäftigten haben Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter ein Auskunftsrecht. Übersetzt heißt das: Gerade<br />

mal 40 Prozent der erwerbstätigen Frauen können<br />

das Recht nutzen, zu wissen, was die anderen verdienen.<br />

Von Entgeltgleichheit, für die wir immer wieder demonstrieren,<br />

jedes Jahr – da spucken alle große Töne –, kann<br />

nicht mal im Ansatz die Rede sein. Auch das ist Ihre Bilanz,<br />

und, ich finde, darüber muss hier gesprochen werden.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

sowie bei Abgeordneten der LINKEN)<br />

Selbst als es um die Reform des Sexualstrafrechts<br />

ging, mussten die Frauen selbst Druck ausüben, damit<br />

endlich etwas geschieht.<br />

Ich finde, die Frauen in diesem Land haben mehr<br />

verdient. Die alleinerziehende Mutter, die Bankerin, die<br />

Studentin, die lesbische Mutter, die Rentnerin, die Architektin,<br />

die Musikerin, die Transfrau, die Hebamme, die<br />

Pflegekraft, die Großmutter haben mehr verdient. Alle<br />

Frauen in diesem Land gehören nicht nur auf dem Papier<br />

und im Grundgesetz gleichberechtigt, sondern auch im<br />

tatsächlichen Leben. Es ist die Zeit, dafür zu kämpfen<br />

und nicht nur nette Worte zu sagen.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />

Wenn man sich das anschaut, muss man sagen: Sie<br />

verpassen gerade einen historischen Moment. In den<br />

USA ist ein frauenfeindlicher Präsident gewählt worden.<br />

Es sind Hunderttausende von Frauen auf die Straße gegangen.<br />

Sie haben sich rosa Mützen aufgesetzt. In Polen<br />

konnte durch den Aufstand der Frauen ein Gesetz gegen<br />

die Abtreibung verhindert werden.<br />

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)<br />

Auch hier in Deutschland schauen die Frauen nicht<br />

länger nur zu, wenn sie nicht das kriegen, was ihnen zu-<br />

Ich finde, wir sollten diese krasse Form des Gender-Bashings<br />

sehr ernst nehmen. Wer meint, es sei egal,<br />

ob Frauen in der Sprache vorkommen, dem sage ich:<br />

Gut, dann machen wir es eben umgekehrt, dann sprechen<br />

wir komplett weiblich, und die Männer sind mitgemeint.<br />

Wer meint, dass die Quote leistungsfeindlich sei, dem<br />

kann ich nur sagen: Dann möchte ich mir gerne mal die<br />

Leistung von manchen der Männer anschauen, die das<br />

behaupten. Wenn ich an Herrn Höcke denke, dann finde<br />

ich: Seine Leistung ist in der Tat krass negativ bezüglich<br />

jeder gesellschaftlichen Frage in diesem Land. Nein,<br />

es ist keine Heulsusenveranstaltung, es ist Kampf. Wir<br />

kämpfen, und wir wollen kämpfen. Es ist eben in dieser<br />

Zeit auch wieder Zeit für Feminismus, meine Damen und<br />

meine Herren.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg.<br />

Nicole Gohlke [DIE LINKE])<br />

Es muss doch anders gehen. Es geht nicht mehr um<br />

die kleinen, feinen Schritte, die als Erfolg abgerechnet<br />

werden, es geht um Haltung. Es geht darum, dass wir den<br />

Frauen sagen: Egal, was ihr werden wollt, ganz gleich,<br />

wer ihr sein wollt, wir machen euch den Weg frei. Ihr<br />

habt Rechte. Wir geben so lange keine Ruhe, bis eure<br />

Gleichstellung erreicht ist, bis Frauen tatsächlich das<br />

gleiche Gehalt verdienen, bis sie DAX-Unternehmen<br />

führen, bis Mädchen Ingenieurinnen werden. Natürlich<br />

dürfen Jungs auch Glitzernagellack verwenden oder Einhornstaub<br />

versprühen. Natürlich dürfen sie das. Nein,<br />

wir werden rosa Spielzeug nicht verbieten, aber ich sage:<br />

Das, meine Damen und Herren, ist wirklich gaga.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />

Für die Frauen in diesem Land zu kämpfen, lohnt sich.<br />

Vizepräsidentin Michaela Noll:<br />

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.<br />

(D)

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