Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017<br />
Renate Künast<br />
(A)<br />
(B)<br />
Reporting Initiative, des Deutschen Nachhaltigkeitskodex<br />
oder der Leitsätze der OECD.<br />
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Das geht<br />
verfassungsrechtlich nicht!)<br />
In der Anhörung gab es vernichtende Kritik. Alle haben<br />
gesagt, das mache keinen Sinn, weil die Berichte nichts<br />
aussagten, wenn man sie nicht vergleichen könne.<br />
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Da war kein<br />
Verfassungsrechtler dabei!)<br />
Jetzt sagen Sie: Okay, das ändern wir. – Man soll dann<br />
angeben, warum man ein bestimmtes Rahmenwerk nicht<br />
benutzt. Toll! Dann würde ich als Unternehmen einfach<br />
schreiben: Das passt bei uns nicht.<br />
Ihre Umsetzung der Richtlinie, meine Damen und<br />
Herren, führt am Ende zu Berichten, die am Ende nicht<br />
aussagekräftig, nicht vergleichbar sind. Damit nutzt sie<br />
aber auch nichts – nicht den Unternehmen und nicht den<br />
Kunden. Warum Sie am Ende noch sagen, die Verbraucher<br />
gehörten nicht hinein, verstehe ich gar nicht; denn<br />
für sie, meine Damen und Herren, produziert man doch<br />
am Ende.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Vizepräsidentin Claudia Roth:<br />
Können Sie an die Redezeit denken?<br />
Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />
Ja. – Ich bin der festen Überzeugung: Transparenz ist<br />
das gute Recht der Verbraucherinnen und Verbraucher –<br />
zu wissen, wie produziert wurde, was die Umweltauswirkungen<br />
sind. Sie selber haben ja gesagt, Sie wollten<br />
nachhaltigen Konsum. Weil Sie das alles nicht schaffen,<br />
haben Sie am Ende nicht nur Schlechtes für die Verbraucher<br />
getan, sondern Sie nutzen auch nicht die Chancen,<br />
die für die deutschen Unternehmen darin lägen.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Vizepräsidentin Claudia Roth:<br />
Vielen Dank, Renate Künast. – Nächster Redner:<br />
Dr. Hans-Joachim Schabedoth für die SPD-Fraktion.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
Dr. Hans-Joachim Schabedoth (SPD):<br />
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Liebe Nachtschwärmer! Das Netz geschäftlicher Beziehungen<br />
wurde in den letzten Jahrzehnten immer weiter<br />
gesponnen und wurde dadurch immer enger. Die Kommunikationsmöglichkeiten<br />
haben sich erweitert. Für die<br />
meisten Unternehmen war und ist die Globalisierung<br />
eine Riesenchance. Mehr Umsatz und die Maximierung<br />
der Gewinne gingen aber oft zulasten der Umwelt, der<br />
Belegschaften und sogar der Menschenrechte.<br />
Viele Verbraucher machten das mit. Warum sich Gedanken<br />
machen, wenn man vielleicht selber nicht viel<br />
Geld im Portemonnaie hat?<br />
Doch für immer günstigere Kleidung schuften Menschen<br />
Zigtausende Kilometer von unseren Wohlstandszonen<br />
und Einkaufsmeilen entfernt oft bis zum Umfallen,<br />
oft zu Hungerlöhnen und teils unter lebensgefährlichen<br />
Bedingungen. Das mag nur ein Aspekt sein, der die Problematik<br />
verdeutlicht.<br />
Auf beiden Seiten der Ladentheke ist jedoch inzwischen<br />
etwas in Bewegung geraten. Das sollten wir nicht<br />
ignorieren. Verbraucher achten immer mehr darauf, was<br />
sie kaufen, wo es herkommt und wie es dort aus welchen<br />
Materialien oder Rohstoffen produziert wurde.<br />
Viele Firmen haben für sich schon erkannt – ohne grüne<br />
Nachhilfe –, dass ein niedriger Preis nicht mehr der<br />
Weg zum höchsten Profit ist. Transparente Lieferketten<br />
und faire Produktion haben an Bedeutung gewonnen.<br />
Das dürfen wir doch nicht ignorieren. Das begründet<br />
schon lange ein neues Geschäftsmodell, mit dem sich<br />
auch in der Zukunft gutes Geld verdienen lässt. Das gilt<br />
nicht nur für Schokolade, Kleidung oder Handys, die zu<br />
großen Teilen im Ausland hergestellt werden, sondern<br />
auch für lokal produzierte Waren.<br />
Mit der Umsetzung der EU-CSR-Richtlinie soll dieser<br />
bereits von vielen Unternehmen eingeschlagene Weg<br />
ausgebaut werden. Sie verpflichtet vor allem die Big<br />
Player dazu, in einem nichtfinanziellen Bericht Rechenschaft<br />
abzulegen. Das bezieht sich auf die Arbeitsbedingungen,<br />
Lieferketten, ökologisches und soziales Engagement<br />
und das Vorgehen gegen Korruption.<br />
Doch nicht alle haben das Potenzial der transparenten<br />
Berichterstattung erkannt. Manche verkennen den Nutzen<br />
solcher Offenlegungen. Deshalb muss es jetzt die<br />
Verpflichtung geben.<br />
Manche sagen: Das reicht nicht. Der Anwendungsbereich<br />
ist zu klein, die Sanktionen nicht hart genug oder<br />
die Berichtspflichten nicht ausführlich genug. – Ihnen<br />
halte ich entgegen: Manchmal ist es besser, eine Kerze<br />
anzuzünden, als immer über die Dunkelheit zu jammern.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Ich bin sicher: Das, was wir heute verabschieden, wird<br />
zu einer Art Schneeballeffekt führen. Je mehr Unternehmen<br />
verpflichtet werden, desto mehr werden nachziehen,<br />
wenn sie nicht ihre Wettbewerbsfähigkeit einbüßen<br />
wollen. Nichtfinanzielle Aspekte werden die Bewertung<br />
einer Firma und Investitionsentscheidungen dann sicherlich<br />
ebenso beeinflussen wie die klassischen finanziellen<br />
Eckdaten. Das erfolgreiche Geschäftsmodell von morgen<br />
ist der Nachweis einer fairen, sozialen und ökologischen<br />
Produktion. Mit der Umsetzung der Richtlinie wollen wir<br />
das unterstützen. Ich bin sicher: Wir haben damit einen<br />
Stein ins Wasser geworfen, der Kreise ziehen wird.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Vizepräsidentin Claudia Roth:<br />
Vielen Dank, Herr Dr. Schabedoth. – Der letzte Redner<br />
in dieser Debatte ist Dr. Volker Ullrich.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
(C)<br />
(D)