Deutscher Bundestag
1iCXTecQ4
1iCXTecQ4
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017 22321<br />
(A)<br />
(B)<br />
Im vorliegenden Entwurf sehen wir zwei Dinge vor.<br />
Im Gesetz zur Errichtung eines Samenspenderregisters<br />
und zur Regelung der Auskunftserteilung über den<br />
Spender nach heterologer Verwendung von Samen, Samenspenderregistergesetz,<br />
wird eine zentrale Informationsstelle<br />
eingerichtet und die organisatorischen und<br />
verfahrenstechnischen Voraussetzungen für deren Führung<br />
geschaffen. Darüber hinaus wird im Gesetzentwurf<br />
durch eine Änderung des BGB sichergestellt, dass ein<br />
Samenspender nicht als rechtlicher Vater eines durch<br />
künstliche Befruchtung in einer deutschen Einrichtung<br />
zur medizinischen Versorgung gezeugten Kindes festgestellt<br />
werden kann.<br />
Beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation<br />
und Information, DIMDI, werden die Daten des<br />
Samenspenders, der Mutter und die Geburtsdaten des<br />
Kindes zusammenlaufen und für 110 Jahre gespeichert<br />
werden. Personen können per Antrag Informationen anfordern,<br />
wenn sie den Verdacht hegen oder wissen, dass<br />
sie durch heterologe Verwendung von Samen entstanden<br />
sind.<br />
Die Entnahmeeinrichtung erhebt die Daten des Spenders.<br />
Neben dem Namen meldet die Einrichtung den<br />
Geburtstag und -ort, die Staatsangehörigkeit und die Anschrift<br />
an das DIMDI. Vor jeder Spende muss der Spender<br />
aufgeklärt werden, dass eventuelle Kinder Zugang zu<br />
diesen Daten haben. Dem kann der Spender nicht widersprechen.<br />
Außerdem muss er erfahren, dass Samenspender<br />
nicht als rechtliche Väter festgestellt werden können.<br />
Diese Aufklärung ist zentral, damit potenzielle Spender<br />
sich über die Konsequenzen im Klaren sind. Möchten<br />
sie von ihren biologischen Kindern gefunden werden,<br />
möglicherweise viele Jahre später? Bei falschen Angaben<br />
droht ein Bußgeld. Die Entnahmeeinrichtung kennzeichnet<br />
die Daten des Spenders mit einer eindeutigen<br />
Spendennummer oder einer Spendenkennungssequenz.<br />
Der Spender kann freiwillig weitere Angaben machen,<br />
zum Beispiel könnte er den Grund für seine Samenspende<br />
angeben.<br />
Die Daten der Mutter sammelt die Einrichtung zur<br />
medizinischen Versorgung, in der die künstliche Befruchtung<br />
durchgeführt wird. Die Einrichtung meldet<br />
dem DIMDI außerdem den Zeitpunkt der Verwendung<br />
des Samens, den Beginn der Schwangerschaft und den<br />
errechneten Geburtstermin. Das tatsächliche Datum der<br />
Geburt und die Anzahl der geborenen Kinder werden<br />
unverzüglich gemeldet, die Meldepflicht liegt diesbezüglich<br />
bei der Empfängerin der Samenspende.<br />
Abstammung auch bei durch Verwendung von ausländischem<br />
Samen hervorgegangenen Kindern abgesichert.<br />
Die persönlichen Angaben des Spenders, der Mutter<br />
und des Kindes unterliegen natürlich dem Datenschutz.<br />
Nur das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation<br />
und Information darf die Daten speichern und nur<br />
auf Antrag dem erfassten Kind des Spenders übermitteln<br />
bzw. vor dem sechzehnten Geburtstag des Kindes seinen<br />
Eltern.<br />
Was jetzt realistischerweise gesetzlich geregelt werden<br />
kann, regeln wir mit unserem Entwurf. Einige Formen<br />
der künstlichen Befruchtung, zum Beispiel außerhalb einer<br />
Einrichtung der medizinischen Versorgung oder im<br />
Ausland, können nicht von einem deutschen Gesetz erfasst<br />
werden. Private Samenspenden etwa sind nicht vom<br />
Gesetzentwurf betroffen. Wenn ein persönlicher Freund<br />
einem lesbischen Paar Samen spendet, wird er nicht vom<br />
Register erfasst – auf der anderen Seite ist er auch nicht<br />
von der Feststellung als rechtlicher Vater ausgeschlossen.<br />
Wir werden die parlamentarische Debatte mit einer<br />
Anhörung weiterführen. Wir werden prüfen, ob an einigen<br />
Stellen noch eine Feinjustierung nötig ist. Das grundsätzliche<br />
Anliegen des Gesetzentwurfes, Spenderkindern<br />
die Wahrnehmung ihres Rechts auf Kenntnis der eigenen<br />
Abstammung zu ermöglichen, haben wir im Koalitionsvertrag<br />
vereinbart. Wir greifen damit das Anliegen<br />
Betroffener auf, ihren biologischen Vater zu finden. Die<br />
im Gesetzentwurf vorgestellten Regelungen stellen dafür<br />
eine praxistaugliche Grundlage dar. Sie sind im Vergleich<br />
zum Status quo ein großer Fortschritt.<br />
Dr. Georg Kippels (CDU/CSU): Wer bin ich, wo<br />
komme ich her? Diese Frage mag sich der ein oder andere<br />
schon einmal ernsthaft oder auch weniger ernsthaft<br />
gestellt haben. In den meisten Fällen handelt es sich mehr<br />
um eine philosophische Fragestellung und nur seltener<br />
um ein reales Informationsbedürfnis im Hinblick auf die<br />
eigene Persönlichkeit und Identität. Da der Mensch sich<br />
sehr intensiv über seine Außenweltbeziehung definiert,<br />
bekommt diese Frage aber eine ganz andere Bedeutung,<br />
wenn es um das Verhältnis zur eigenen Familie und dort<br />
insbesondere zu den Eltern, also Mutter und Vater, geht.<br />
Nun mag es gelegentlich vorkommen, dass dieses Verhältnis<br />
in bestimmten Lebensphasen, sehr häufig zum<br />
Beispiel in der Pubertät, gespannt ist und aus spontanen<br />
Reaktionen heraus die Verbindung, das heißt die Abstammung,<br />
gerne negiert würde.<br />
(C)<br />
(D)<br />
Samen darf nur zur künstlichen Befruchtung eingesetzt<br />
werden, wenn die eindeutige Spendennummer oder<br />
die Spendenkennungssequenz vorliegt. Das schließt auch<br />
aus, dass deutsche Ärzte anonyme Samenspenden aus<br />
dem Ausland verwenden. Nur wenn die vorgeschriebenen<br />
Daten und eine eindeutige Identifikation per Spendennummer<br />
oder Spendenkennungssequenz vorhanden<br />
sind, kann ausländischer Samen benutzt werden. Zwar<br />
haben wir auf ausländische Entnahmeeinrichtungen<br />
keinen Einfluss, aber wir können die Verwendung von<br />
ausländischem Samen in deutschen Einrichtungen unterbinden,<br />
wenn keine Daten vorliegen. Damit wird, soweit<br />
realistisch möglich, das Recht auf Kenntnis der eigenen<br />
Abgesehen von diesen oberflächlichen Befunden ist<br />
die Frage der Abstammung für die Persönlichkeit und<br />
die Frage der Selbstreflexion von enormer Wichtigkeit,<br />
wenn nicht sogar in manchen Fällen existenziell und für<br />
die psychische und physische Verfassung ursächlich. So<br />
hat das BVerfG schon im Jahre 1988 festgestellt, dass<br />
das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf<br />
Kenntnis der eigenen Abstammung umfasst. Auslöser<br />
des damaligen Falles war das Adoptionsrecht, das nach<br />
der damals geltenden Regelung ein sogenanntes Adoptionsgeheimnis<br />
vorsah, das Ausforschungen der Adoptivfamilie<br />
verhindern sollte und nur bei Zustimmung von<br />
Kind und Annehmenden ausgeforscht werden durfte.